Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

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17. Januar 2017

NPD-Verbotsverfahren | Knobloch bedauert Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

München, 17.01.2017. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat heute den Antrag auf das Verbot der NPD abgelehnt. Dazu Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern: „Ich respektiere die Entscheidung selbstverständlich, aber ich bedauere sie sehr. Einerseits kann ich die juristische Argumentation, es liege keine konkrete Bedrohung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vor, nachvollziehen. Dessen ungeachtet bleibe ich dabei, dass das Verbot einer offensichtlich rechtsextremen Partei wichtig für die politische Hygiene in unserem Land gewesen wäre – vor allem aufgrund der spezifischen deutschen Geschichte, nicht zuletzt aber auch vor dem Hintergrund des erstarkenden Rechtspopulismus und -extremismus in der Gegenwart.“

„Die NPD ist eine Kernorganisation des Rechtsextremismus in Deutschland, unterstützt rechte Gewalt und basiert auf der Verherrlichung des Nationalsozialismus. Dass diese menschenverachtende, rassistische, antisemitische und verfassungsfeindliche Ideologie weiterhin Parteienprivilegien genießt, ist unerträglich. Seit Monaten müssen wir bereits ertragen, dass völkischer Nationalismus, Hetze gegen Minderheiten, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und absurde Verschwörungstheorien unter dem Deckmantel der Versammlungs- und Meinungsfreiheit auf den Straßen und in den digitalen Netzwerken verbreitet werden. Nun hat das höchste deutsche Gericht entschieden, dass der Schutz einer Partei nicht dort endet, wo der Schutz für die Menschen anfängt, gegen die diese Partei agitiert“, so die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Knobloch weiter: „Ich frage mich, warum der offensichtliche Missbrauch von Freiheitsrechten nicht sanktioniert wird. Wo beginnt der präventive Opferschutz? Wann trägt man der Formel ‚Nie wieder!‘ Rechnung und wie ernst ist es Politik und Justiz mit dem Appell ‚Wehret den Anfängen‘? Wann wenn nicht jetzt, wäre eine wahrlich wehrhafte Antwort auf diese Fragen wünschenswert und wichtig gewesen – zum Schutz der freiheitlichen Demokratie und des friedlichen Miteinanders in unserem Land.“

„Ich blicke sorgenvoll auf die bevorstehenden Wahlen. Der geschichtsvergessene, unsensible und großzügige Umgang mit rechtsextremem Gedankengut hat dazu geführt, dass das einst Unsag- und Denkbare bereits fast wieder normal ist. Neben der NPD existieren weitere Organisationen und Gruppierungen, die unserem Grundgesetz und unserem Rechtsstaat feindlich gegenüberstehen, die wesensverwandt mit den Nationalsozialisten sind und die vielerorts Angsträume und rechtsfreie Räume schaffen, in denen sie Menschen einschüchtern und unterdrücken. Zugleich hat sich mit der AfD eine bewusst mit rechtsradikalen Thesen und Tiraden operierende Partei als immer stärkere politische Kraft entwickelt – eine Partei, die dem Ansehen Deutschlands in der Welt massiv schadet und die den Scheinwerfer auf die dunkelsten Seiten unseres Landes lenkt. Längst haben sich Neonazismus und aggressiver Rechtspopulismus vermischt. Die Volksverhetzer von Pegida und Co. haben antidemokratische, antiliberale und antimoderne Einstellungen geschürt und befeuert. Ihr politischer Arm, die AfD, vermag es geschickt, Wut und gefühlte Wahrheit in Wählerstimmen zu verwandeln.“

„Ohne das NPD-Verbot sind Politik und Zivilgesellschaft umso mehr aufgefordert, die Menschrechte zu verteidigen, die politische Kultur vor Hass und Verrohung zu schützen und das Vertrauen in und den Respekt vor der Staatsgewalt an breiter Front wiederherzustellen“, fordert die WJC-Beauftragte für das Gedenken an den Holocaust. „Bislang wehrte sich die wehrhafte Demokratie zu wenig. Viel zu leichtfertig vertraut man auf die Stabilität, zu träge verteidigt man die zivilisatorischen Errungenschaften. Für einen Menschen, der erlebt hat, wie schnell und schonungslos die warme Decke der Demokratie und der Freiheit von ihren Feinden in Fetzen gerissen wird, ist das unerträglich.“

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