Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

Pressemitteilung

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22. Juli 2016

Terror in München – Knobloch: „Erwarte deutliche Worte und Taten!“

München, 22.7.2016. In München hat es mutmaßlich einen Terroranschlag mit mehreren Toten und Verletzten gegeben. Dazu Dr. h.c. Charlotte Knobloch in einer ersten Reaktion: „Ich bin entsetzt und fassungslos. Meine Gedanken und mein tiefes Mitgefühl gelten den Hinterbliebenen der Ermordeten, den Verletzten und ihren Familien. Mein Dank gilt der Polizei und allen Sicherheits- und Hilfskräften, die schnell, besonnen und hervorragend regiert haben. Ich hoffe, dass die Täter, die mutmaßlich ganz bewusst das Ziel hatten, möglichst viele Menschen zu ermorden, bald gefasst und verurteilt werden können.“

Knobloch weiter: „Wir fürchteten, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde. Die Gefahr ist schon lange real. Spätestens jetzt ist der Terror mitten unter uns, er ereignete sich in einem der beliebtesten und belebtesten Einkaufs- und Unterhaltungszentren Münchens. Nach der Phase des Schocks und des Entsetzens müssen wir uns darauf besinnen, wo unsere Stärken sind und was wir jetzt tun können und müssen, um unsere Art zu leben zu bewahren und gleichzeitig all jene entschlossen zu suchen und zu bekämpfen, die uns für unsere Werte hassen und die unsere Freiheit und unsere Demokratie zerstören wollen.“

Knobloch: „Fest steht, wir werden uns nicht einschüchtern lassen. Es gibt Verunsicherung, es gibt Sorgen – aber es gilt mehr als alles andere unser unerschütterliches Bekenntnis zu unseren liberalen Überzeugungen. Allerdings erwarte ich jetzt nicht nur deutliche Worte von der Politik, sondern ein konsequentes und entschlossenes Vorgehen gegen Extremisten, die sich politisch oder religiös radikalisieren. Größte Gefahr geht dabei vom Internet aus, wo sich Täter nicht nur ideologisch radikalisieren, sondern auch Anleitungen zur Realisierung ihrer perfiden Pläne finden können. Aber es ist möglich, Extremisten frühzeitig zu enttarnen. Dafür müssen Polizei und Sicherheitskräfte endlich alle zur Verfügung stehenden Mittel der Prävention und der Fahndung an die Hand bekommen, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen – das ist die vorranginge Aufgabe des Staates und allen staatlichen Handelns. Deswegen darf die Politik nicht ohnmächtig erscheinen, sondern muss vor allem der Polizei und auch der Bundeswehr – wie in anderen Ländern auch – den uneingeschränkten Rückhalt geben. Die Verantwortlichen müssen erkennen, dass dafür auch gesetzliche Änderungen nötig sind.“

Knobloch: „Als jüdische Gemeinschaft wissen und spüren wir speziell das extreme Ausmaß an Antisemitismus schon lange. Daher waren Naivität und Blauäugigkeit nie Bestandteil unseres Bewusstseins. Aber die europäischen Gesamtgesellschaften sind auf den hemmungslosen Hass, den sowohl Rechtsextremismus, aber insbesondere der fundamentale Islam in Menschen wecken kann, nicht vorbereitet. Dieser radikale Hass wendet sich gegen unsere liberalen Gesellschaften als solche. Terror von rechts, links oder Islamisten richtet sich immer gegen die gesamte freie Welt, unsere Art zu leben, unsere Art zu Denken. Wir brauchen ein tiefgreifendes Umdenken auf breiter gesellschaftlicher Ebene. Viel zu lange, viel zu leichtfertig haben Gesinnungspostulate das politische und öffentlich als sozialadäquat geltende Denken dominiert. Man war blind gegenüber den antidemokratischen und illiberalen Einstellungen, die sich immer stärker und greifbarer verbreiten – mitten unter uns.“

Knobloch: „100-prozentige Sicherheit gibt es nicht, nirgends, aber die Menschen müssen das Gefühl haben, dass alles getan wird, um Extremisten von ihren mörderischen, menschenverachtenden Taten abzuhalten und das freie Leben der Zivilgesellschaft zu gewährleisten. Die Stabilität unseres Systems basiert auf gesamtgesellschaftlicher Wehrhaftigkeit, einer umfassenden Konzeption, die von Politik über Justiz, Bildungs- und Sozialsystem alle gesellschaftlichen Akteure einbezieht, in die Verantwortung nimmt und unterstützt, um unser Gemeinwesen und die freiheitlich-demokratischen Werte zu verteidigen. Dabei dürfen wir uns als Zivilgesellschaft nicht noch weiter spalten lassen. Vorurteile und Vorverurteilungen dürfen nicht noch mehr platzgreifen. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind selbst Verrat an unserem demokratischen Fundament.“

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Aktuelle Veranstaltungen


Mo. 19.05.2025 | 21. Ijar 5785

Kultur

»Mit dir steht die Welt nicht still«

Beginn 19:00 Uhr:

Lesung mit Melissa Müller
Moderation: Ellen Presser

London, 1951: Nanette und John lernen sich auf einer Party kennen. Für ihn ist es Liebe auf den ersten Blick, doch Nanette, die mit Anne Frank befreundet war und als Einzige ihrer Familie das Konzentrationslager Bergen-Belsen überlebt hat, fürchtet sich vor dem Glück. Fast zwei Jahre schreiben sie sich, kommen sich in Briefen näher – bis sich Nanette entschließt, John nach São Paulo zu folgen.

Die Publizistin und Drehbuchautorin Melissa Müller (»Das Mädchen Anne Frank«; mit Reinhard Piechocki »Alice Herz-Sommer „Ein Garten Eden inmitten der Hölle“. Ein Jahrhundertleben«; mit Monika Tatzkow u. a. »Verlorene Bilder, verlorene Leben – Jüdische Sammler und was aus ihren Kunstwerken wurde« u. a. m.) erzählt in ihrem aktuellen Buch »Mit dir steht die Welt nicht still. Eine Liebe nach dem Holocaust« (Diogenes Verlag) von einer historisch verbrieften Liebe, die sich allen Umständen zum Trotz Bahn bricht.

Eintritt 16,- / 10,- Euro; telefonisch auf der ReserviX-Tickethotline 0761/8884 9999

Veranstalter: Stiftung Literaturhaus und Kulturzentrum der IKG München & Obb.

Veranstaltungsort: Literaturhaus, Salvatorplatz 1, 80333 München

Do. 22.05.2025 | 24. Ijar 5785

Kultur

»Erinnerung – Gedächtnis – Kultur: Jüdische Biographien im 21. Jahrhundert«. Ein Podiumsgespräch

Beginn 19:00 Uhr:

Begrüßung: Dr. Daniel Baumann, Leiter des Stadtarchivs

Einleitung und Moderation: Prof. Dr. Andrea Sinn, Associate Professor of History, Elon University

Biografien sind nicht nur von anhaltendem öffentlichem Interesse; vielmehr bleibt die biografische Forschung ein wichtiger Ansatz, der neue Perspektiven auf die jüdische Geschichte und Kultur in der Neuzeit bieten kann. Tatsächlich scheinen die Relevanz der biografischen Forschung und ihre Bedeutung für die Gestaltung von Erinnerung, Gedächtnis und Kultur sogar zugenommen zu haben. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Digitalisierung bietet das Podium Einblicke in aktuelle Forschungs- und Vermittlungsprojekte, hinterfragt die Bedeutung von Quellen und öffentlichem Raum, und diskutiert die Darstellung und Verwendung jüdischer Biografien im 21. Jahrhundert.

Podiumsgespräch mit:
Prof. Dr. Philipp Lenhard, Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur, LMU München
Anton Löffelmeier, M.A., Stadtarchiv München
Ellen Presser, Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München & Obb.
Dr. Björn Siegel, Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Hamburg (IGdJ)
Dr. Maximilian Strnad, Public History im Kulturreferat der Landeshauptstadt München

Eintritt frei, wegen begrenzter Platzzahl Anmeldung unbedingt erforderlich unter https://eveeno.com/488804931 oder telefonisch (089) 2180 5570

Kooperationspartner: College of Arts and Sciences, Elon University/NC, USA; Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Hamburg (IGdJ); Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München & Obb-; Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur, LMU München; Public History im Kulturreferat der Landeshauptstadt München und Stadtarchiv München

Veranstaltungsort: Rotunde des Stadtarchivs, Winzererstraße 68

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