Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

Pressemitteilung

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20. Oktober 2015

Pegida – das Gegenteil von „Wehret den Anfängen!“ | Knobloch: „Die Neonazis sind eine Schande für unser Land – sie nicht zu stoppen, auch!“

München, 20.10.2015. „Die Maske ist längst gefallen. Pegida ist eine offen rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Bewegung, die gestoppt werden muss, wenn Politik und Justiz die Formeln ‚Nie wieder!‘  und ‚Wehret den Anfängen!‘ nicht endgültig als hohle Phrasen beerdigen wollen“, kommentiert Dr. h.c. Charlotte Knobloch das einjährige Pegida-Bestehen vor dem Hintergrund der gestrigen Kranzniederlegung von Pegida-Teilnehmern am Platz der Opfer des Nationalsozialismus in München. Sie fordert das Verbot der Aufmärsche, das die Verwaltungsbehörden wenn nötig bis vor das Bundeverfassungs-gericht vorbringen müssten.

Knobloch weiter: „Die bürgerliche Fassade ist nichts weiter als eine Verhöhnung der Zivilgesellschaft und jener Demokraten, die gegen das braune Pack Gesicht zeigen. Dessen Parolen und Plakate sind trotz aller demonstrativen öffentlichen Appelle zur Selbstkasteiung inzwischen offen rassistisch, fremdenfeindlich, antisemitisch – kurzum menschenverachtend. Vor der Kranzniederlegung hatte der Pegida-Sprecher sichtlich Probleme, diesen Akt den ‚Spaziergangs‘-Teilnehmern zu erklären. Spätestens in diesem Moment war klar, dass das folgende schauerliche Schauspiel nichts weiter als die Verspottung der Opfer war. Dass sich diese Perfidie ohne staatliche oder juristische Intervention zutragen konnte, ist ein Skandal. Seit Wochen schon bleibt das zynische Treiben an sensiblen historischen Orten folgenlos, obwohl die Teilnehmer unmissverständlich den Nationalsozialismus verherrlichen und die Täter glorifizieren. Kein Wunder, ist doch Pegida in München durchsetzt mit Neonazis, darunter verurteilte Rechts-terroristen, die im Zusammenhang mit dem geplanten Anschlag auf das jüdische Zentrum am St.-Jakobs-Platz stehen. Der damalige Rädelsführer Martin Wiese steht in Kontakt mit der Münchner Pegida-Spitze. Ein verurteilter Rechtsterrorist aus dem Wiese-Netz stürmte vergangene Woche die Feldherrnhalle zum vorläufigen Höhepunkt des neonazistischen Spektakels.“

„Doch auch dieser widerliche Spuk mit einschlägiger Geste reichte offenbar nicht, um die Verwaltung ausreichend zu alarmieren, die gestrige Ungeheuerlichkeit zu verbieten“, kritisiert Knobloch. „Es wäre absolut unerträglich, wenn auch am 9. November der Aufmarsch der Neonazis genehmigt würde, an jenem Tag, als Goebbels 1938 von München aus die ‚Reichskristallnacht‘ initiierte. Die Vorstellung, 77 Jahre später könnten wieder Nazis als Mob durch unsere Straßen ziehen, erfüllt mich mit blankem Entsetzen und Wut“, so die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Knobloch: „Pegida führt den Rechtsstaat bundesweit ad absurdum und Politik und Verwaltung lassen sich das gefallen. Es ist eine Schande für den wehrhaften Staat, derart leichtfertig den Verfall unserer politischen Kultur zu riskieren. Wenn Verfassungsfeinde ungehindert ihre Hass-Ideologie verbreiten können, ist das ein Armutszeugnis für die freiheitliche Demokratie. Ein Jahr Pegida muss genug sein, um die aktuelle Rechtslage zu überdenken und den Gedanken des Artikels 18 Grundgesetz aus dem Abstellraum des Verfassungsrechts zu befreien. Ich kann und will nicht glauben, dass es in Deutschland nach den historischen Erfahrungen nicht möglich ist, den Missbrauch unserer Freiheit für die Umwälzung unseres Systems und die Demontage unserer Werte zu missbrauchen. Die Stadt München sollte ein Zeichen setzen und ein entsprechendes Demonstrationsverbot notfalls auch vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten. Ansonsten gärt das Klima weiter, in dem ungeahnte Hass-Verbrechen, wie wir sie ‚Nie wieder!‘ erleben wollten, zunächst zur Phantasie, dann zur Drohung und schließlich zur abscheulichen Realität werden. Wir erleben das Gegenteil von ‚Wehret den Anfängen!'“

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April 2024 | Adar II-Nissan | « »

Aktuelle Veranstaltungen


Sa. 13.04.2024 – Do. 18.04.2024 | 5. Nissan 5784

Kultusgemeinde

Ausstellung und Kunstprojekt für die israelischen Geiseln: „Coming Home Soon“

Beginn 11:00

Interaktive Ausstellung
Samstag, 13., bis Donnerstag, 18. April 2024
täglich 11 bis 18 Uhr (am 17. April bis 20 Uhr)
Saal der ehem. Karmeliterkirche, Karmeliterstraße 1, München

Am 7. April waren es auf den Tag genau sechs Monate seit dem Überfall der Hamas auf Israel und damit auch seit Beginn der Geiselhaft von hunderten Verschleppten. Über einhundertdreißig Israelis befinden sich bis heute in Gaza in der Gewalt der Terroristen.

Um auf das Schicksal dieser Geiseln und die damit verbundene menschliche Tragödie aufmerksam zu machen, hat die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern gemeinsam mit zahlreichen Partnern das Kunstprojekt „Coming Home Soon“ der niederländisch-israelischen Künstlerin Inbar Hasson nach München geholt. Das Projekt wurde bereits zu Jahresbeginn unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit in Amsterdam gezeigt. Weiterlesen »

Di. 16.04.2024 | 8. Nissan 5784

Kultur

Der Terror der Hamas. Grundlagen und Perspektiven eines zerstörerischen Systems

Beginn 19:00

Vortrag von Prof. Dr. Peter R. Neumann
Dienstag, 16. April 2024, 19 Uhr

Begrüßung: Dr. Ludwig Spaenle, Antisemitismusbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung

Einführung: Bettina Nir-Vered, Vorsitzende der DIG AG München

Am 7. Oktober 2023 überfielen Terroristen der Hamas israelische Ortschaften. Auf brutalste Weise quälten und ermordeten sie über 1.200 Männer, Frauen und Kinder und verschleppten Hunderte weitere. Insgesamt 134 israelische Zivilisten befinden sich aktuell – sechs Monate später – noch immer in der Gewalt der Hamas; ihr Schicksal ist ungewiss. Gefeiert von vielen Zivilisten im Gazastreifen und in der arabischen Welt, haben Hamas-Anführer seit dem 7. Oktober wiederholt öffentlich zum Ausdruck gebracht, dass die Hamas bei jeder sich bietenden Gelegenheit einen Angriff auf Israel wie am 7. Oktober 2023 wiederholen würde. In ihrer Gründungscharta ist die Vernichtung Israels als Ziel niedergelegt. Weiterlesen »

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