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6. Juni 2023
Knobloch zum 85. Jahrestag des Abrisses der alten Münchner Hauptsynagoge am 9.6.: „Ende der alten Münchner Gemeinde“
München, 6.6.2023. Wenige Tage vor dem 85. Jahrestag des Ereignisses hat die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKGM), Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch, an den Abriss der alten Münchner Hauptsynagoge am 9. Juni 1938 erinnert. Knobloch hatte die alte Hauptsynagoge als kleines Kind selbst noch kennengelernt: „Mein Vater war ein angesehenes Mitglied der Gemeinde, und wir waren immer wieder dort.“ Sie selbst habe natürlich noch nicht alles verstanden, „aber ich war fasziniert von der Liturgie und den Gesängen.“ Die tiefe Trauer der Menschen während des letzten G’ttesdienstes vor dem Abriss im Juni 1938 habe sich ihr bis heute ins Gedächtnis eingebrannt, so Knobloch: „Ich habe in meinem Leben selten ein solches Unglück in den Gesichtern gesehen wie an diesem Tag.“
Mit dem Abriss der Synagoge hätten die Nationalsozialisten nicht nur das Ende der alten Münchner Gemeinde besiegelt, sondern auch die Gewaltexzesse des 9. November vorbereitet: „Die Zerstörung mitten in München machte auch dem Letzten klar, dass es im Vorgehen gegen die jüdische Gemeinschaft nun keine Grenzen mehr gab. Die sichtbare Existenz des Judentums in Deutschland selbst stand jetzt zur Debatte.“ Vor diesem Hintergrund sei die Reaktion der Gesellschaft besonders enttäuschend gewesen, wie Knobloch ausführte: „Die Machthaber sahen, dass aus der Bevölkerung kein Widerstand kam. Das konnten sie nur als Ermutigung zu noch größerer Gewalt verstehen, die dann am 9. November Realität wurde.“
Knobloch, die auch als Beauftragte für Holocaust-Gedenken des Jüdischen Weltkongresses amtiert, betonte abschließend, 85 Jahre nach dem Abriss der alten Hauptsynagoge habe die jüdische Gemeinschaft Münchens heute zwar wieder ein Zuhause in der Stadt. Angesichts neuer Bedrohungen für die Demokratie durch den Aufstieg rechtsextremer Kräfte und eines neuen alten Judenhasses könnten Gebäude allein aber keine Sicherheit geben: „Die neue Hauptsynagoge ist Ausdruck des Vertrauens in dieses Land, das nach 1945 auf dem ‚Nie wieder‘ aufgebaut wurde.“ Damit dieses Vertrauen halte, dürfe es nicht beim Gedenken an Verbrechen von vor 85 Jahren bleiben, so Knobloch: „Wir kämpfen nicht gegen den Hass der Geschichte. Wir kämpfen gegen den Hass von heute.“
Hintergrund: Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern wurde am 8. Juni 1938 darüber informiert, dass seitens der Stadt der Abriss der Hauptsynagoge in der Herzog-Max-Straße beschlossen worden sei. Da dieser bereits am nächsten Tag beginnen sollte, wurden noch am Abend des 8. Juni im Rahmen eines Abschiedsg’ttesdienstes die Torah-Rollen feierlich aus dem Gebäude entfernt. Die Synagoge wurde binnen eines Monats abgebrochen, das Gelände in einen Parkplatz umgewandelt. Auf dem nach dem Krieg restituierten Grundstück befindet sich nach einem Verkauf, dessen Erlös den Bau der neuen Hauptsynagoge am St.-Jakobs-Platz mit ermöglichte, heute die Erweiterung des Kaufhauses Oberpollinger. Ein Gedenkstein erinnert an die alte Hauptsynagoge.
Veranstaltungshinweis:
Gedenkveranstaltung und –konzert
Montag, 12. Juni 2023, 19 Uhr
Jüdisches Gemeindezentrum, St.-Jakobs-Platz 18
Die Landeshauptstadt München und die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern widmen dem Jahrestag des Abrisses und dem langjährigen Kantor der alten Hauptsynagoge, Emanuel Kirschner (1857-1938), eine Gedenkveranstaltung im Jüdischen Gemeindezentrum am St.-Jakobs-Platz.
Nach Grußworten von IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch und des Münchner Kulturreferenten Anton Biebl stellt der Historiker Andreas Heusler Leben und Werk Kirschners vor. Nikola David, Kantor der Liberalen Jüdischen Gemeinde Beth Schalom, präsentiert in Begleitung des Chors „Cantus München“ Kirschner-Kompositionen. Armand Presser liest Texte von und über Emanuel Kirschner.
Der Eintritt ist frei. Anmeldung ist erbeten per E-Mail: gedenkkonzert@ikg-m.de oder telefonisch unter 089/202400-127.
Bereits am Nachmittag des 12. Juni werden um 16 Uhr in der Herzog-Max-Straße – nahe dem Gedenkstein – Erinnerungszeichen für Emanuel und Ida Kirschner sowie Leopold und Gisela Goldlust enthüllt.
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Aktuelle Veranstaltungen
Mo. 19.05.2025 | 21. Ijar 5785
Kultur
»Mit dir steht die Welt nicht still«
Beginn 19:00 Uhr:
Lesung mit Melissa Müller
Moderation: Ellen Presser
London, 1951: Nanette und John lernen sich auf einer Party kennen. Für ihn ist es Liebe auf den ersten Blick, doch Nanette, die mit Anne Frank befreundet war und als Einzige ihrer Familie das Konzentrationslager Bergen-Belsen überlebt hat, fürchtet sich vor dem Glück. Fast zwei Jahre schreiben sie sich, kommen sich in Briefen näher – bis sich Nanette entschließt, John nach São Paulo zu folgen.
Die Publizistin und Drehbuchautorin Melissa Müller (»Das Mädchen Anne Frank«; mit Reinhard Piechocki »Alice Herz-Sommer „Ein Garten Eden inmitten der Hölle“. Ein Jahrhundertleben«; mit Monika Tatzkow u. a. »Verlorene Bilder, verlorene Leben – Jüdische Sammler und was aus ihren Kunstwerken wurde« u. a. m.) erzählt in ihrem aktuellen Buch »Mit dir steht die Welt nicht still. Eine Liebe nach dem Holocaust« (Diogenes Verlag) von einer historisch verbrieften Liebe, die sich allen Umständen zum Trotz Bahn bricht.
Eintritt 16,- / 10,- Euro; telefonisch auf der ReserviX-Tickethotline 0761/8884 9999
Veranstalter: Stiftung Literaturhaus und Kulturzentrum der IKG München & Obb.
Veranstaltungsort: Literaturhaus, Salvatorplatz 1, 80333 München
Do. 22.05.2025 | 24. Ijar 5785
Kultur
»Erinnerung – Gedächtnis – Kultur: Jüdische Biographien im 21. Jahrhundert«. Ein Podiumsgespräch
Beginn 19:00 Uhr:
Begrüßung: Dr. Daniel Baumann, Leiter des Stadtarchivs
Einleitung und Moderation: Prof. Dr. Andrea Sinn, Associate Professor of History, Elon University
Biografien sind nicht nur von anhaltendem öffentlichem Interesse; vielmehr bleibt die biografische Forschung ein wichtiger Ansatz, der neue Perspektiven auf die jüdische Geschichte und Kultur in der Neuzeit bieten kann. Tatsächlich scheinen die Relevanz der biografischen Forschung und ihre Bedeutung für die Gestaltung von Erinnerung, Gedächtnis und Kultur sogar zugenommen zu haben. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Digitalisierung bietet das Podium Einblicke in aktuelle Forschungs- und Vermittlungsprojekte, hinterfragt die Bedeutung von Quellen und öffentlichem Raum, und diskutiert die Darstellung und Verwendung jüdischer Biografien im 21. Jahrhundert.
Podiumsgespräch mit:
Prof. Dr. Philipp Lenhard, Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur, LMU München
Anton Löffelmeier, M.A., Stadtarchiv München
Ellen Presser, Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München & Obb.
Dr. Björn Siegel, Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Hamburg (IGdJ)
Dr. Maximilian Strnad, Public History im Kulturreferat der Landeshauptstadt München
Eintritt frei, wegen begrenzter Platzzahl Anmeldung unbedingt erforderlich unter https://eveeno.com/488804931 oder telefonisch (089) 2180 5570
Kooperationspartner: College of Arts and Sciences, Elon University/NC, USA; Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Hamburg (IGdJ); Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München & Obb-; Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur, LMU München; Public History im Kulturreferat der Landeshauptstadt München und Stadtarchiv München
Veranstaltungsort: Rotunde des Stadtarchivs, Winzererstraße 68

Israelitische Kultusgemeinde
München und Oberbayern K.d.ö.R.
St.-Jakobs-Platz 18
80331 München
Tel: +49 (0)89 20 24 00 -100
Fax: +49 (0)89 20 24 00 -170
E-Mail: empfang@ikg-m.de