Nachrichten
« Zurück
15. Januar 2013
„Israel will keinen Militärschlag führen gegen Iran“
Volker Perthes plädiert für direkte Verhandlungen zwischen USA und Teheran. Erschienen auf Deutschlandradio Kultur Online, 15.1.2013. Der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Volker Perthes, glaubt nicht, dass Israel den Iran tatsächlich angreifen will. Die israelische Drohung sei „ein Stück weit Wahltaktik“. Israel wolle die USA und die EU dazu bringen, ihre Sanktionen gegen Teheran zu verschärfen.
Die USA und der Iran müssten direkt miteinander sprechen, sagte der Nahost-Experte Perthes. Nur so seien die politischen Blockaden zu durchbrechen. Dabei gehe es mehr als das iranische Atomprogramm, sonern beispielsweise auch den von Iran geförderten Terrorismus und die Frage der Nicht-Anerkennung des iranischen Systems durch die USA. Man warte derzeit nur auf den ersten Schritt der jeweils anderen Seite. Dabei könne es helfen, wenn die Europäer parallel Gespräche leiteten, bei denen die fünf UN-Sicherheitsratsmitglieder plus Deutschland mit Iran verhandelten.
„Wir haben in den letzten Jahren eine ständige, langsame Eskalation in dem Sinne gehabt, dass Iran immer mehr Zentrifugen gebaut hat, dass Iran seine Anreicherungskapazitäten ausgeweitet hat“, sagte Perthes. Der Westen habe immer mehr Sanktionen gegen Teheran beschlossen. „Das kann man nicht ewig weitermachen“, so der Wissenschaftler.
Zugeständnisse von beiden Seiten
Aus dieser Lage komme man nur heraus, wenn beide Seiten Zugeständnisse machten. „Eigentlich haben alle ein Interesse daran, dass man sowohl das Atomprogramm des Iran zurückschraubt als auch die Sanktionen zurückschraubt“, so der SWP-Direktor. Iran könnte freiwillig auf die mittelhohe Anreicherung von Uran auf zwanzig Prozent verzichten und auf eine Anreicherung unter fünf Prozent zurückgehen. Dafür könnten die USA und die EU in einem ersten Schritt auf bestimmte Sanktionen verzichten.
Zu der israelischen Drohung eines Militärschlags gegen Iran sagte Perthes: „Das ist ein Stück weit Wahltaktik, es ist vor allem aber auch internationale Politik.“ Es sei der Versuch über diese Drohungen, die USA und die EU dazu zu bringen, ihre Sanktionen gegen Teheran zu verschärfen. „Ich glaube, Israel will keinen Militärschlag führen gegen Iran“, sagte Perthes. Das Militär und die Sicherheitskreise im Land seien dagegen. „Israel möchte, dass die Amerikaner und die Europäer das Problem des iranischen Atomprogramms so beheben, dass Israel sich nicht mehr bedroht fühlen muss.“
Fast unwichtig, wer der Präsident ist
Zur Lage in Iran sagte der Wissenschaftler: „Es ist so, dass tatsächlich im Iran fast alle wollen, dass man herauskommt aus dieser Isolation, dass man diese Sanktionen los wird.“ Dabei sei es fast unwichtig, wer der Präsident sei. Selbst der amtierende Präsident Mahmud Ahmadinedschad würde gerne zum Ende seiner Amtszeit im Sommer ein Verhandlungsergebnis mit den USA präsentieren. „Seine innenpolitischen Gegner wollen ihm genau diesen Erfolg nicht erlauben“, sagte Perthes.
Insofern werde in Iran derzeit debattiert, ob es richtig sei, diese Gespräche mit den USA noch zu führen, solange Ahmadinedschad im Amt sei – oder erst unter seinem Nachfolger. „Ich glaube, wir sollten unabhängig von dieser Diskussion in Teheran das Gesprächsangebot machen, weil wir nicht ständig auf die Wahlen in Teheran schielen müssen, von denen wir ohnehin nicht wissen, wie sie ausgehen“, sagte der SWP-Direktor.
VeranstaltungenÜberblick »
Mai 2024 | Nissan-Ijar
- So
- Mo
- Di
- Mi
- Do
- Fr
- Sa
- 1
- 2
- 3
- 4
- 5
- 6
- 7
- 8
- 9
- 10
- 11
- 12
- 13
- 14
- 15
- 16
- 17
- 18
- 19
- 20
- 21
- 22
- 23
- 24
- 25
- 26
- 27
- 28
- 29
- 30
- 31
Aktuelle Veranstaltungen
Mi. 19.06.2024 | 13. Siwan 5784
Kultur
Moses Mendelssohn, Gotthold Ephraim Lessing, Immanuel Kant und die Erziehung des Menschengeschlechts
Beginn 19:00Vortrag von R. Prof. emer. Dr. Dr. h.c. Daniel Krochmalnik
Ein Beitrag der Reihe „Die Umkehr des Denkens. 300 Jahre Immanuel Kant“
Mittwoch, 19. Juni 2024, 19 Uhr
Anfang der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts erscheinen in dichter Folge drei grundlegende Texte: „Die Erziehung des Menschengeschlechts“ von Gotthold Ephraim Lessing (1780), „Jerusalem oder Religiöse Macht und Judentum“ von Moses Mendelssohn (1783) und „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“ von Immanuel Kant (1784). Darin behandelt das Dreigestirn der deutschen Aufklärung das Problem des Fortschritts der Menschheit. Lessing ist davon überzeugt, Mendelssohn ist skeptisch, Kant formuliert die Bedingungen der Möglichkeit. Die Verfasser nehmen auch Bezug aufeinander und ihr kontroverses Gespräch ist für die Geschichtsphilosophie bis heute von grundlegender Bedeutung. Weiterlesen »
Mi. 26.06.2024 | 20. Siwan 5784
Kultur
„Was habe ich mit Juden gemeinsam?“ – Franz Kafkas Identitäten
Beginn 19:00Reiner Stach in Zwiesprache mit Franz Kafka
Ein Beitrag zum 100. Todestag von Franz Kafka (1883 – 1924)
Mittwoch, 26. Juni 2024, 19 Uhr
Kafkas Werke beschreiben eine Welt, in der nichts verlässlich ist, in der sich Ordnung immerzu auflöst und das Vertrauteste plötzlich fremd werden kann. Wir wissen heute, dass dies keine Vision war, sondern gelebte Erfahrung. Kafka wuchs auf in einem Spannungsfeld zwischen Deutschen und Tschechen, zwischen orthodoxem, liberalem und zionistisch gesinntem Judentum, in dem die Frage der Identität fortwährend neu verhandelt wurde. Hinzu trat eine unglückliche familiäre Konstellation, die Kafka in die Rolle eines sozialen Zaungasts drängte. Gibt es überhaupt eine menschliche Gemeinschaft, so fragte er sich, zu der ich im tiefsten Sinn des Wortes „gehöre“? Weiterlesen »
Israelitische Kultusgemeinde
München und Oberbayern K.d.ö.R.
St.-Jakobs-Platz 18
80331 München
Tel: +49 (0)89 20 24 00 -100
Fax: +49 (0)89 20 24 00 -170
E-Mail: empfang@ikg-m.de