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28. November 2011

Botschafter Yoram Ben-Zeev: „Shalom, Deutschland!“

Heute verlässt Botschafter Yoram Ben-Zeevsse nach genau vier Jahren Berlin. Im Folgenden blickt er auf eine spannende und interessante Zeit zurück: „Als ich am 15. November 2007 in Berlin-Schönefeld landete, war mir bewusst, dass ich eine Dienstzeit antrete, die für einen israelischen Diplomaten eine ausgesprochene Herausforderung darstellt. Eine Herausforderung angesichts der Bedeutung Berlins und Deutschlands in Europa, in den transatlantischen Beziehungen, als internationaler Wirtschaftspartner, als Vermittler und Brückenbauer. ….

Yoram Ben-Zeev

Yoram Ben-Zeev

…. Auch glaubte ich, auf die Begegnung mit dem Grauen der nationalsozialistischen Geschichte Deutschlands vorbereitet zu sein. Bereits am Tag meiner Akkreditierung besuchte ich das Berliner Mahnmal „Gleis 17“, von welchem vor siebzig Jahren die Deportationszüge mit Berliner Juden abfuhren.

Kein Schritt ohne Zeugnisse der Geschichte

Danach habe ich kaum einen Schritt in Berlin und Deutschland tun können, ohne auf Zeugnisse der Geschichte zu treffen, die unsere beiden Völker und Staaten verbindet. Ich bin Zeitzeugen begegnet, die im Land ihrer ehemaligen Peiniger leben oder hierher kommen, um eine lebendige Mahnung zur Verantwortung zu sein.

Immer engere Beziehung zwischen Israel und Deutschland

Doch das, worauf ich bei meiner Ankunft in Deutschland nicht vorbereitet war, begann gleich im Januar 2008: Das 60. Jubiläum der Staatsgründung Israels wurde mit über 500 beeindruckenden Veranstaltungen, Feierlichkeiten, Begegnungen und Projekten bundesweit und ganzjährig begangen. Der diplomatische Höhepunkt war die Aufnahme der deutsch-israelischen Regierungskonsultationen. Sie fanden seither dreimal statt, und in ihrem Rahmen wurde eine engere Zusammenarbeit unter anderem auf wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Ebene beschlossen.

Kritik und Ratschläge gehören zu jeder guten Freundschaft

In den vergangen Jahren habe ich bei Begegnungen mit den jeweiligen Präsidenten und Regierungschefs in Deutschland und in Israel, bei Jugendbegegnungen und vielen Austauschprojekten auf kultureller und zivilgesellschaftlicher Ebene miterlebt, wie die Beziehungen zwischen unseren beiden Staaten auf allen Ebenen enger wurden und die Freundschaft und Verbundenheit nicht durch politische Dissonanzen ernsthaft getrübt wurde.

Kritik und Ratschläge gehören zu jeder guten Freundschaft, so wie auch der bedingungslose Beistand in grundsätzlichen Angelegenheiten. Dafür bin ich Deutschland sehr dankbar. Gerade in Tagen des Umbruchs im Nahen Osten und in Zeiten, in denen eine nukleare Gefahr vom Iran ausgeht, ist es wichtig, sich auf Freunde verlassen zu können, für die die Sicherheit Israels vor anderen Interessen steht.

Ich habe in meiner Amtszeit viele Freunde Israels getroffen,

die sich als Einzelpersonen, in ihrem Umfeld und in Organisationen für unser Land einsetzen, Menschen, die ihre Solidarität zum Ausdruck bringen, helfen, über Israel aufzuklären und zu informieren, die die Verständigung zwischen unseren beiden Völkern fördern, unsere gemeinsame Geschichte pflegen und unsere gemeinsame Zukunft gestalten. Mein Dank dafür kann nicht groß genug sein.

Andererseits stimmt es mich traurig, dass das Bild Israels in der Öffentlichkeit häufig vorsätzlich oder unachtsam beschädigt wird. Mit Sorge stelle ich fest, dass in den vergangenen Jahren oft schnell über Israels Handeln geurteilt wurde – manchmal noch bevor Fakten bekannt waren und bevor das Gesamtbild zu sehen war und häufig, ohne Israels komplexe geopolitische Bedrohungslage in die Betrachtung mit einzubeziehen.

Doch ich glaube an die Stärke und die Besonnenheit der Deutschen, die ich in den vergangenen vier Jahren kennen gelernt habe. Und ich bin sicher, dass sich in Deutschland die zivilgesellschaftlichen und politischen Akteure und Institutionen effektiv und vereint gegen den Antisemitismus, Rassismus und Terror in ihrer eigenen Gesellschaft zur Wehr setzen werden – wie sie sich auch als Teil der westlichen Welt gemeinsam mit uns dem internationalen Terror, der sich gegen den jüdischen Staat, aber auch gegen die westliche Welt richtet, entgegen stellen werden.

Ganz besonders freut es mich, dass ich während meiner Amtszeit die Freilassung von Gilad Shalit miterleben durfte. Ich danke Ihnen für Ihre fortwährende Solidarität mit Gilad und die mit uns geteilte Freude über seine Freilassung nach fast fünf Jahren Geiselhaft.

Lehitraot und Shalom, Deutschland!“

Lesen Sie auf den nächsten Seiten Interviews von Yoram Ben Zeev mit der Bild-Zeitung und der Zeitung Die Welt.

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Mi. 19.06.2024 | 13. Siwan 5784

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Ein Beitrag der Reihe „Die Umkehr des Denkens. 300 Jahre Immanuel Kant“

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Anfang der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts erscheinen in dichter Folge drei grundlegende Texte: „Die Erziehung des Menschengeschlechts“ von Gotthold Ephraim Lessing (1780), „Jerusalem oder Religiöse Macht und Judentum“ von Moses Mendelssohn (1783) und „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“ von Immanuel Kant (1784). Darin behandelt das Dreigestirn der deutschen Aufklärung das Problem des Fortschritts der Menschheit. Lessing ist davon überzeugt, Mendelssohn ist skeptisch, Kant formuliert die Bedingungen der Möglichkeit. Die Verfasser nehmen auch Bezug aufeinander und ihr kontroverses Gespräch ist für die Geschichtsphilosophie bis heute von grundlegender Bedeutung. Weiterlesen »

Mi. 26.06.2024 | 20. Siwan 5784

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„Was habe ich mit Juden gemeinsam?“ – Franz Kafkas Identitäten

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Reiner Stach in Zwiesprache mit Franz Kafka
Ein Beitrag zum 100. Todestag von Franz Kafka (1883 – 1924)

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Kafkas Werke beschreiben eine Welt, in der nichts verlässlich ist, in der sich Ordnung immerzu auflöst und das Vertrauteste plötzlich fremd werden kann. Wir wissen heute, dass dies keine Vision war, sondern gelebte Erfahrung. Kafka wuchs auf in einem Spannungsfeld zwischen Deutschen und Tschechen, zwischen orthodoxem, liberalem und zionistisch gesinntem Judentum, in dem die Frage der Identität fortwährend neu verhandelt wurde. Hinzu trat eine unglückliche familiäre Konstellation, die Kafka in die Rolle eines sozialen Zaungasts drängte. Gibt es überhaupt eine menschliche Gemeinschaft, so fragte er sich, zu der ich im tiefsten Sinn des Wortes „gehöre“? Weiterlesen »

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