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7. Januar 2014

WIESO, WESHALB, WARUM – „Adon Olam“

Aus der Serie „Religiöse Begriffe aus der Welt des Judentums“. Wer regelmäßig in die Synagoge geht, hat zu „Adon Olam“ eine ganz eigene emotionale Verbindung. Von Chajm Guski, erschienen auf Jüdische Allgemeine Online, 02.01.2014. Man hört, spricht oder singt das „Adon Olam“ (deutsch: „Herr der Welt“) zu Beginn des Morgengebets oder zum Abschluss des Schabbatgottesdienstes. Dort hat das Gebet, das zugleich auch Gedicht ist, seine volle Popularität erlangt – zumindest in Deutschland.

Es gibt unzählige musikalische Varianten: Je nach Jahreszeit kann man das »Adon Olam« zur Melodie des Chanukkalieds »Maos Zur« singen oder zur Melodie der Hatikwa.

Wer regelmäßig in die Synagoge geht, hat zu „Adon Olam“ eine ganz eigene emotionale Verbindung. In vielen orthodoxen Gemeinden im Ausland wird es nicht vom Vorbeter gesungen, sondern von Kindern.

Wenn man den Inhalt des poetischen Textes zusammenfassen will, dann könnte man sagen: Das »Adon Olam« ist ein Loblied auf den einen, höchsten, allmächtigen, ewigen, unendlichen G’tt, den Schöpfer von allem, dessen Name König genannt wird – „Er war, Er ist und Er wird sein.“

Bei der ungebrochenen Popularität verwundert es jedoch, dass wir außer dem Inhalt nahezu nichts Konkretes über das »Adon Olam« wissen. Es sind sogar unterschiedliche Versionen im Umlauf. Sefardische Gemeinden singen 14 Strophen, aschkenasische in der Regel nur zehn.

Woher stammt das Gebet?

Wer ist der Autor der sich reimenden Zeilen? Mal wird es dem andalusischen Gelehrten Schlomo ibn Gabirol (1021–1057) zugeschrieben, mal dem babylonischen Hai ben Scherira Gaon (939–1038). Das kann zutreffen – oder auch nur eine Behauptung sein, um die Aufnahme in die Siddurim zu rechtfertigen: Denn wenn es aus der Feder einer bekannten Autorität stammt, hat es bekanntlich einen höheren Stellenwert.

Sicher ist lediglich, dass es spätestens im 15. Jahrhundert in den Siddurim auftaucht. Alle anderen kursierenden Erklärungen sind Theorien oder Interpretationen – etwa die Annahme, dass es wohl aus dem Gebet vor dem Schlafengehen stamme. Man glaubte, wegen der abschließenden Worte »In Seine Hand lege ich meinen Geist zur Zeit, da ich schlafe und erwache« habe es seinen Weg in die Morgenliturgie gefunden.

Eine populäre Interpretation bezieht sich auf den Patriarchen Awraham. Von dieser sind ebenfalls mehr als zwei im Umlauf, deshalb sei hier eine Zusammenfassung von Rabbiner Pinchas Altschul, dem Maggid von Polotzk (1747–1823), wiedergegeben. Er fragt, warum das Gebet eigentlich nicht mit „Melech Olam“ („König der Welt“) beginnen würde. Immerhin tauche G’tt als König ja auch im Text auf.

Rabbiner Altschul erklärt dies dann mit dem Talmud. Dort werde in der Mischna Tamid (30) erzählt, das Morgengebet im Tempel habe damit begonnen, dass man geschaut habe, ob die Sonne schon aufgehe. Und zwar, indem man fragte, ob sie schon Hebron erreicht habe. Die Gemara erkläre dann, es werde nach Hebron gefragt, weil dort Awraham bestattet sei. Und er sei der erste Mensch gewesen, der G’tt als „Herrn der Welt“ betrachtet habe.

Der Maggid von Polotzk schließt damit einen Kreis. Denn der Talmud betrachtet Awraham als den Patriarchen, der das Morgengebet eingeführt hat (Berachot 26b). Das „Adon Olam“ sei also die passende Erinnerung daran und auch gleich ein inhaltlicher Ausblick darauf, worum es in diesem Gebet gehen wird.

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September 2023 | Elul-Tischri | « »

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Mo. 09.10.2023 | 24. Tischri 5784

Kultur

„Tango Shalom“

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Montag, 9. Oktober 2023, 20 Uhr
Spielfilm – München-Premiere

Regie: Gabriel Bologna. Drehbuch: Jos Laniado. Kamera: Massimo Zeri. Schnitt: Robert Meyer Burnett. Musik: Zizi Bologna
Darsteller: Jos Laniado, Karina Smirnoff, Renée Taylor, Lainie Kazan, Judi Beecher u. v. a.
Produktion: Convivencia Forever Films. US 2021, 115 Min.

Der chassidische Rabbiner Moshe Yehuda (Jos Landiado) sieht als letzten Ausweg aus seiner Finanzmisere, den von ihm betriebenen »Cheder« und das Familienauskommen durch seine Teilnahme an einem Tango-Wettbewerb zu retten. Sein großes Dilemma: wie soll er das mit dem Paartanz anstellen, da er doch seine Tanzpartnerin (Karina Smirnoff) nicht berühren darf. Der Versuch zu tanzen, ohne den Moralkodex des orthodoxen Judentums zu verletzen, führt zu einer rührenden Slapstick-Komödie. Weiterlesen »

Mi. 11.10.2023 | 26. Tischri 5784

Kultur

„Der jiddische Witz. Eine vergnügliche Geschichte“

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Mittwoch, 11. Oktober 2023, 19 Uhr
Buchpräsentation von und mit Jakob Hessing

Witze und Anekdoten in jiddischer Sprache gewähren Einblick in die verschwundene Welt der Schetl, von der die großen Klassiker der jiddischen Literatur – Mendele Mojcher Sforim, Scholem Alejchem und Jizchok Leib Perez noch erzählten. Jakob Hessing zeigt, warum jiddische Witze ihre Hintergründigkeit verlieren, wenn man sie ins Deutsche übersetzt, und wie sie sich vom diffamierenden Judenwitz unterscheiden. Weiterlesen »

Fr. 20.10.2023 – Di. 24.10.2023 | 5. Cheschwan 5784

Kultur

„Das Kalte Herz / Das Wirtshaus im Spessart“: Ein vergessenes Kapitel der Geschichte von Grünwald

Beginn 15:00

Freitag, 20., bis Dienstag, 24. Oktober 2023, täglich 15 bis 18 Uhr
Ausstellung

Grünwald ist und war einer der zentralen Orte für die europäische Kino-Geschichte. Wie in Hollywood, Paris, Moskau, Berlin und Wien standen auch in München und Grünwald am Anfang des neuen Mediums viele jüdische Filmpioniere wie beispielsweise Alfred Gugenheim, Gründer und Aufsichtsratsvorsitzender der Orbis-Film AG an der Spitze. Weiterlesen »

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