Kultur
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30. Januar 2014
„Mutig sein und an sich glauben“
Die Autorin Mirjam Pressler im Interview über Bücher für junge Leser – und wie man Schriftsteller wird. Von Katrin Diehl, erschienen in der Jüdischen Allgemeinen, 30.1.2014. Mirjam Pressler ist eine der bekanntesten Kinder- und Jugendbuchautorinnen Deutschlands. Sie wurde während der Nazi-Zeit 1940 geboren und wuchs bei Pflegeeltern auf. Mirjam Pressler schreibt »realistisch«: Fantasy ist nicht ihr Fall. Aber wenn man ihr Golem-Buch oder Malka Mai liest, kriegt man schnell mit, dass realistische Bücher auch ganz schön unter die Haut gehen können.
Mirjam Pressler hat so gut wie alle Preise für Kinder- und Jugendbücher in Deutschland bekommen. Außerdem übersetzt sie israelische Kinderbücher ins Deutsche.
Frau Pressler, was haben Sie gelesen, als Sie Kind waren?
Alles. Alles, was ich in die Finger bekommen konnte. Allerdings haben mir die Kinder- und Jugendbücher, die es damals gab, nicht besonders gefallen. Dann habe ich halt die Bücher für Erwachsene gelesen.
Wenn man merkt, dass man gerne schreibt, was kann man tun, um eine gute Schriftstellerin zu werden?
Am wichtigsten ist: viel lesen und zwar bewusst lesen. Immer, wenn einem etwas gefällt, ein Wort, ein Satz, ein ganzes Kapitel, dann darüber nachdenken, warum hat mir das gefallen? Und wenn man dann schreibt, muss man darüber nachdenken, wie das Ganze wirkt. Ich mache das bis heute so. Ich schreibe, und dann lese ich, was ich geschrieben habe, als wäre ich irgendeine Leserin. Außerdem soll man, wenn man Schriftsteller oder Schriftstellerin werden will, mutig sein und an sich glauben. Ich habe schon als Kind gewusst, dass ich gut schreibe.
Dann haben Sie also auch als Kind schon geschrieben?
Aber sicher. Ich war ja als Kind eine Zeitlang in einem Kinderheim, und da haben alle anderen Kinder von Verwandten Fresspakete zugeschickt bekommen. Mir hat aber niemand etwas geschickt. Und dann haben wir ein Geschäft gemacht: Wenn mir ein Kind etwas aus seinem Fresspaket abgibt, dann schreibe ich ihm dafür etwas. Als ich dann selbst Kinder hatte, habe ich entdeckt, dass es unter den neuen Kinderbüchern richtig gute gibt – solche, die die Welt beschreiben, wie sie ist, auch mit allen Problemen. Das hat mir gefallen. So wollte ich auch schreiben.
Alle sagen, Lesen ist gut, Lesen macht schlau. Aber was, wenn einer einfach nicht gerne liest?
Ich würde so einem Lesemuffel das Buch von Uri Orlev »Der Mann von der anderen Seite« in die Hand drücken.
Was ist so besonders an diesem Buch?
Es ist unheimlich spannend, aber ganz schön traurig, und man sollte schon so um die zwölf Jahre alt sein, wenn man es liest. Es geht da um einen Jungen, der die Judenverfolgung miterlebt und den Aufstand im Warschauer Ghetto.
Was ist für Sie ein jüdisches Kinder- oder Jugendbuch?
Hm … da tue ich mich ganz schwer. Es gibt hebräische Bücher, klar. Auch jiddische. Aber sind das dann unbedingt jüdische Bücher? Oder sind jüdische Bücher die, deren Hauptpersonen Juden sind?
Schreiben Sie anders, wenn Sie an jüdische Kinder als Ihr Lesepublikum denken?
Nein, auf keinen Fall. Beim Schreiben habe ich nur die Gesellschaft im Kopf, in der meine Figuren leben – Juden wie Nichtjuden. Beim Schreiben bin ich ganz bei denen.
Das Gespräch führte Katrin Diehl.
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Aktuelle Veranstaltungen
So. 12.10.2025 | 20. Tischri 5786
Kultur
„Sputnik“: Lesung und Gespräch mit Christian Berkel
Beginn 17:00Buchpräsentation
Sonntag, 12. Oktober 2025, 17 Uhr
Moderation: Günter Keil
Am 4. Oktober 1957 erreichen die ersten Satelliten die Erdumlaufbahn. Kurz darauf erblickt in Westberlin Sputnik das Licht der Welt. Er wächst auf zwischen den Geschichten seiner Mutter Sala und den Büchern seines Vaters Otto. Eine wichtige Lebensstation wird Paris, wo er nicht nur zur Schule geht, sondern Theater und Varieté für sich entdeckt. Die Rückkehr nach Deutschland fällt in eine Umbruchszeit auch der Theaterwelt der 70er Jahre. Eine wilde Phase des Experimentierens bricht an, bis Sputnik wie so viele vom Mauerfall 1989 überrollt wird. Und zu ahnen beginnt, wer er ist, oder zumindest, wer er sein könnte. In seinem dritten Roman begibt sich Christian Berkel erneut auf eine sehr persönliche Spurensuche, die bis in eine erschreckend veränderte Gegenwart führt. Weiterlesen »
Sa. 18.10.2025 | 26. Tischri 5786
Kultur
26. Lange Nacht der Museen in München
Beginn 20:30Vortrag und Konzert
Beitrag der IKG München und Oberbayern zur Langen Nacht
Samstag, 18. Oktober 2025, 20:30–23:00 Uhr
Auf einen Blick:
Vorträge (je 30 Minuten)
- 20:30 Uhr: Dr. Elisabeth Rees-Dessauer
- 21:45 Uhr: Ellen Presser
21:00 und 22:15 Uhr: Konzert des Synagogenchors unter Leitung von David Rees (je 30 Minuten), Begleitung am Piano: Luisa Pertsovska Weiterlesen »
Mo. 03.11.2025 | 12. Cheschwan 5786
Kultur
Mit Dmitrij Kapitelman: „Russische Spezialitäten“
Beginn 19:00Buchpräsentation und Gespräch
Montag, 3. November 2025, 19 Uhr
Moderation: Ellen Presser
Eine ukrainisch-jüdisch-moldawische Familie, lebt in Leipzig, wo sie russische Spezialitäten verkauft. Und zwar an Osteuropäer, die sich zwischen russischen Flusskrebsen, ukrainischem Wodka und georgischen Sonnenblumenkernen zuhause fühlen. Doch seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ist nichts mehr wie zuvor. Die Mutter glaubt den Propagandasendungen des russischen Fernsehens. Ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Um seine Mutter zur Vernunft zu bringen, begibt er sich per Flixbus nach Kiew. Oder wie man inzwischen liest: Kyjiw, von wo er ihr die Wahrheit mitzubringen hofft. Weiterlesen »

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