Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

Lebensende, Bestattung, Trauer

Mit der Beerdigung endet der erste Trauerzustand, …

… während dessen die Hinterbliebenen von allen religiösen Pflichten entbunden sind, und es beginnt die Trauerzeit, die in mehrere Abschnitte zerfällt: Zunächst die Trauerwoche (Schiwa), dann der Trauermonat (Schloschim) und schließlich, nur nach dem Tod der Eltern, das Trauerjahr.

Für die Schiwa besteht die Vorschrift, das Haus nicht zu verlassen, keine festen Schuhe zu tragen und auf niedrigen Schemeln zu sitzen. Man soll nicht arbeiten und sich auch nicht mit dem Studium der Tora beschäftigen, weil das als eine Freude erachtet wird. Darüber hinaus sollten die Trauernden Handlungen vermeiden, die dem Körper nicht unbedingt notwendiges Behagen verschaffen. Daher ist es vielfach üblich, daß männliche Trauernde sich nicht rasieren.

Der Trauernde soll sich um nichts sorgen müssen. Daher ist es üblich, daß Freunde und Bekannte gekochtes Essen bringen. Die Jüdische Gemeinde kümmert sich darum, ob die Familie durch den Todesfall bzw. das Unterlassen der Berufsausübung in finanzielle Schwierigkeiten gerät, wobei man darauf Wert legt, die Betreffenden nicht zu beschämen. Um das zu vermeiden, hat man – jedenfalls in Berlin und an vielen anderen Orten war das üblich – ein spezielles System entwickelt: Der trauernden Familie werden zwei gefüllte Sparbüchsen ins Haus gebracht und zu einer von beiden wird ein Schlüssel mitgeliefert.

Die Leidtragenden öffnen nun diese eine Büchse und entnehmen ihr den darin vorhandenen Geldbetrag. Je nachdem, ob sie das Geld brauchen oder nicht, verfahren sie nun. Entweder behalten sie es ganz oder teilweise, oder sie tun es in die andere, verschlossene Büchse. Sie können auch noch mehr hineintun als in der geöffneten enthalten war. Die Büchsen werden wieder abgeholt; die eine ist leer und offen, die andere ist voll und zugeschlossen, und niemand weiß, ob die betreffende Familie genommen oder gegeben hat.

Die siebentägige Trauerwoche dauert niemals volle sieben Tage, da der Tag der Beerdigung mitgerechnet wird, obwohl an ihm die Schiwa erst eine Stunde vor Einbruch der Nacht beginnt; ebenso wird der siebente Tag als voller Tag gerechnet, wenngleich die Schiwa kurz nach dem Morgengebet beschlossen wird. Der Sabbat unterbricht die Schiwa, denn am Sabbat soll alle Trauer schweigen. Die Trauernden besuchen die Synagoge; sie werden beim Freitagabend-Gottesdienst in den Raum geführt – meist vom Rabbiner oder dem Vorbeter -, wobei ihnen noch einmal das Beileid der Gemeinde ausgesprochen wird. Im Trauerhause pflegt man während der Schiwa ein Licht brennen zu lassen oder auch während des Trauermonats.

Wenn die Zeit der strengen Trauerbräuche beendet ist, …

… beginnt eine Epoche, die als Schloschim bezeichnet wird, der Trauermonat, in den die Schiwa miteingerechnet wird. Während der Schloschim verläuft das Leben wieder einigermaßen normal, allerdings vermeidet man Lustbarkeiten. Männliche Trauernde gehen täglich am Morgen zum Gottesdienst, um Kaddisch zu sagen.

Ein Mann, der seine Frau verloren hat, oder eine Frau, die Witwe geworden ist, darf nicht gleich nach dem Ende des Trauermonats von neuem heiraten, sondern sie müssen eine längere Zeit verstreichen lassen, eine Witwe drei Monate, ein Witwer noch mehr. Nur wenn der Witwer kleine Kinder hat oder seine Ehe kinderlos blieb, darf er unmittelbar nach dem Ende des Trauermonats eine neue Ehe schließen.

Nach dem Tod der Eltern dauert die Trauerzeit ein Jahr; Kinder, die ihre Eltern verloren haben, meiden während dieser Zeit alle Veranstaltungen, die ausschließlich dem Vergnügen dienen. Kaddisch wird von Söhnen elf Monate lang täglich im Gemeindegottesdienst gesagt, im 12. Monat nicht mehr. Wenn keine in religiöser Hinsicht volljährigen Söhne vorhanden sind, kann ein anderer Angehöriger diese Pflicht übernehmen. In der Frage, ob in einem Schaltjahr das Trauerjahr 12 oder 13 Monate dauert, sind die Meinungen geteilt, meist steht man aber auf dem Standpunkt, daß es sich in allen Fällen um 12 Monate der Trauer handelt.

Seiten: 1 2 3 4

VeranstaltungenÜberblick »

Mai 2024 | Nissan-Ijar | « »

Aktuelle Veranstaltungen


So. 05.05.2024 | 27. Nissan 5784

Kultur

Gedenke und erinnere zu Jom Haschoah: Die Pianistin von Theresienstadt

Beginn 17:00

Sonntag, 5. Mai 2024, 17 Uhr

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern lädt anlässlich des 79. Jahrestages der Befreiung der Konzentrationslager und Erew Jom Haschoah ein:

Abend zum Gedenken an Alice Herz-Sommer (1903-2014)

Weiterlesen »

Alle Veranstaltungen »

Israelitische Kultusgemeinde
Kontakt
Israelitische Kultusgemeinde
München und Oberbayern K.d.ö.R.
St.-Jakobs-Platz 18
80331 München
Tel: +49 (0)89 20 24 00 -100
Fax: +49 (0)89 20 24 00 -170
E-Mail: empfang@ikg-m.de