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2. Juli 2012
Konsequenz aus NSU-Pannen: Verfassungsschutzchef tritt ab
tagesschau.de. Verfassungsschutzchef Heinz Fromm gibt sein Amt vorzeitig ab. Der 63-Jährige werde auf eigenen Antrag hin zum 31. Juli in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, teilte das Bundesinnenministerium mit. Innenminister Hans-Peter Friedrich habe die Entscheidung „mit Respekt“ zur Kenntnis genommen, hieß es. Fromm zieht damit die Konsequenzen aus den Ermittlungsfehlern seiner Behörde gegen die rechtsradikale Zwickauer Terrorzelle NSU.
Unklar ist, wer der Nachfolger Fromms wird. Dieser werde „in einem ordentlichen Verfahren“ bestimmt, sagte Ministeriumssprecher Markus Beyer.
Respekt für Fromms Entscheidung
In der Politik wurde die Entscheidung Fromms mit Respekt aufgenommen: Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), erklärte gegenüber tagesschau.de: „Nach der unfassbaren Aktenvernichtungsaktion nach der Entdeckung des Zwickauer Terrortrios ist der Rücktritt von Herrn Fromm ein bitterer, aber unausweichlicher Schritt. Auch wenn er sich persönlich nichts hat zuschulden kommen lassen oder nicht rechtswidrig gehandelt hat, trägt er die gesamte Verantwortung. Das nötigt mir Respekt ab, dass er jetzt diese persönlichen Konsequenzen zieht.“
Politiker der FDP äußerten ebenfalls ihren Respekt für die Entscheidung des Verfassungsschutzpräsidenten.
Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier erklärte, Fromm habe „die Verantwortung für unverständliches, unerträgliches, am Ende durch nichts zu rechtfertigendes Verhalten seiner Mitarbeiter übernommen“. Das sei politisch „anständig“, gleichwohl bedauere er den Rücktritt Fromms.
„Verfassungsschutz muss auf den Prüfstand“
Beendet ist die Affäre um die Rolle des Verfassungsschutzes bei den Ermittlungen gegen die Neonazi-Terrorzelle mit der Entscheidung Fromms aber wohl nicht: Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), schloss gegenüber dem „Handelsblatt“ weitere personelle Konsequenzen nicht aus. Man stehe noch am Anfang der Aufklärungsarbeit.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, stellte den Verfassungsschutz insgesamt in Frage, als er erklärte, die Behörde habe ihr Vertrauen verspielt. „Der Skandal ist mit einem Bauernopfer nicht zu erledigen“, sagte er. Die Behörde müsse nun durch Reformen und eine starke demokratische Kontrolle „seine Notwendigkeit und seine Fähigkeiten beweisen“.
Die Obfrau der Linkspartei im NSU-Untersuchungsausschuss, Petra Pau, erklärte, die Fragen und Probleme blieben, auch wenn Fromm seinen Platz räume. Es bleibe dabei, dass geklärt werden müsse, warum der Rechtsextremismus in Deutschland „so tödlich unterschätzt“ worden sei. Es stelle sich die Frage „nach weiteren Konsequenzen, bis in die Spitze des Innenministeriums“, sagte sie.
Brisante Akten vernichtet
Vergangene Woche war bekannt geworden, dass beim Verfassungsschutz unmittelbar nach der Aufdeckung der Neonazi-Mordserie brisante Akten vernichtet worden waren. Dadurch war Fromm unter Druck geraten, der Vorgang sorgte für Empörung quer durch alle Parteien.
Fromm ist seit Juni 2000 Präsident des Bundesverfassungsschutzes. Zuvor leitete er den Landesverfassungsschutz in Hessen und eine Justizvollzugsanstalt in Kassel. Zudem war er Staatssekretär im hessischen Innenministerium. Fromm ist Mitglied der SPD. Am kommenden Donnerstag soll er vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen.
Auch Thüringens Verfassungsschutzpräsident gibt seinen Posten auf
Von Michael Stürzenhofecker, dapd. Thüringens Verfassungsschutzpräsident Thomas Sippel räumt seinen Posten. „Der Verfassungsschutzpräsident hat nicht mehr das Vertrauen des Parlamentes“, sagte Innenminister Jörg Geibert (CDU) am 26.6.2012 in Erfurt. Er habe die Landesregierung gebeten, den Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Darauf habe er sich mit Sippel in einem Gespräch geeinigt. Vertreter mehrerer Parteien begrüßten den Schritt.
Kurz zuvor hatte Thüringens Regierungssprecher Peter Zimmermann zur Zukunft Sippels noch gesagt, dass der Minister seine Entscheidungen nicht von aktuellen Stimmungen abhängig mache. Erst solle alles aufgeklärt und dann ohne Ansehen von Personen und Amt entschieden werden.
Es habe keinen konkreten Fehler gegeben, der Sippel vorgeworfen werden könnte, sagte dazu ein Sprecher des Thüringer Innenministeriums der Nachrichtenagentur dapd. Jedoch hatte der 55-Jährige das Vertrauen des Parlaments verloren. Dieses sei jedoch wesentliche Grundlage für die Arbeit eines Nachrichtendienstes. Daher sei die Entscheidung, in den einstweiligen Ruhestand zu gehen, für Amt und Person besser.
Lieberknecht will sich nicht äußern
SPD-Fraktionschef Uwe Höhn bezeichnete die Entscheidung als „einen längst überfälligen Schritt“. Sie verdiene jedoch Respekt und ebne den Weg für einen Neuanfang beim Verfassungsschutz. Sippel habe das Vertrauen in den Aufklärungswillen seiner Behörde verspielt, indem er die Kontrollgremien des Landtages wiederholt falsch oder nur unzureichend informierte. Er wiederholte seine Forderung, den Behördenchef künftig vom Landtag wählen zu lassen.
Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Dirk Adams, sagte, der Abgang dürfe kein Notopfer sein. Thüringens FDP-Parteichef Nuth Kurth zollte dem Verfassungsschutzpräsidenten im Ruhestand Respekt. Er habe im Jahr 2000 ein chaotisches Haus übernommen und zu einer arbeitsfähigen Behörde gemacht. Wenn der Thüringer Innenminister jetzt zu dieser Maßnahme greife, „müssen schwere Vorwürfe vorliegen“, sagte er weiter. Sippel bleibe weiter für den Untersuchungsausschuss relevant.
Die Innenexpertin der Fraktion Die Linke, Martina Renner, sagte, die Entscheidung sei nur eine halbherzige Reaktion auf die öffentliche Empörung. „Auch ein neuer Präsident wird nichts am grundsätzlichen Problem der Geheimdienste ändern.“ Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) wollte sich zu dem Vorgang zunächst nicht äußern. Dazu gebe es keinen Grund, das sei Sache des Ressortleiters, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei.
Verfassungsschutz hatte offenbar mehr Akten
Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz hat offenbar mehr Akten über die „Operation Rennsteig“ als bislang zugegeben. Es handle sich um zwei Ordner, die jetzt dem NSU-Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt würden, zitierte der Sender MDR Thüringen aus der nichtöffentlichen Sitzung des Gremiums am Dienstag in Erfurt. In den Unterlagen würden sich demnach auch Dokumente des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) befinden. Diese seien aber derart geschwärzt, dass sie nicht zu entziffern sind. Die Landesregierung wolle möglichst viele Schwärzungen wieder entfernen lassen, hieß es aus dem Ausschuss weiter.
Untersuchungsausschuss erhält Einsicht in V-Leute-Datei
Am 24.6.2012 hatte bereits der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, seinen Rückzug angekündigt. Untersuchungsausschüsse im Bund und in den Ländern versuchen derzeit zu klären, warum der rechtsterroristische Nationalsozialistische Untergrund (NSU) jahrelang unbehelligt blieb.
Thüringens Innenminister Geibert kündigte dazu am Dienstag an, den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses sowie der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Landtages Einsicht in die V-Leute-Datei des Landesamtes für Verfassungsschutz zu geben. Zudem habe er das Bundesverteidigungsministerium um Aufhebung der Sperrvermerke gebeten. Dies sei nötig, um die Akten des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) dem Untersuchungsausschuss vorlegen zu können.
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„Sputnik“: Lesung und Gespräch mit Christian Berkel
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Am 4. Oktober 1957 erreichen die ersten Satelliten die Erdumlaufbahn. Kurz darauf erblickt in Westberlin Sputnik das Licht der Welt. Er wächst auf zwischen den Geschichten seiner Mutter Sala und den Büchern seines Vaters Otto. Eine wichtige Lebensstation wird Paris, wo er nicht nur zur Schule geht, sondern Theater und Varieté für sich entdeckt. Die Rückkehr nach Deutschland fällt in eine Umbruchszeit auch der Theaterwelt der 70er Jahre. Eine wilde Phase des Experimentierens bricht an, bis Sputnik wie so viele vom Mauerfall 1989 überrollt wird. Und zu ahnen beginnt, wer er ist, oder zumindest, wer er sein könnte. In seinem dritten Roman begibt sich Christian Berkel erneut auf eine sehr persönliche Spurensuche, die bis in eine erschreckend veränderte Gegenwart führt. Weiterlesen »
Sa. 18.10.2025 | 26. Tischri 5786
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Mo. 03.11.2025 | 12. Cheschwan 5786
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Montag, 3. November 2025, 19 Uhr
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Eine ukrainisch-jüdisch-moldawische Familie, lebt in Leipzig, wo sie russische Spezialitäten verkauft. Und zwar an Osteuropäer, die sich zwischen russischen Flusskrebsen, ukrainischem Wodka und georgischen Sonnenblumenkernen zuhause fühlen. Doch seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ist nichts mehr wie zuvor. Die Mutter glaubt den Propagandasendungen des russischen Fernsehens. Ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Um seine Mutter zur Vernunft zu bringen, begibt er sich per Flixbus nach Kiew. Oder wie man inzwischen liest: Kyjiw, von wo er ihr die Wahrheit mitzubringen hofft. Weiterlesen »

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