Kultur
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12. November 2012
Kommentar: Philip Roth ist fertig
„Um die Wahrheit zu sagen: Ich bin fertig“, verriet Roth seiner Gesprächspartnerin Nelly Kapriélan. Er habe seit drei Jahren kein Buch mehr geschrieben. „Nemesis“, das bereits 2010 auf Englisch erschienen ist, werde sein letztes Werk bleiben. Er habe im Alter von 74 angefangen, seine Bücher in chronologischer Reihenfolge noch einmal zu lesen, um zu überprüfen, ob er seine Zeit mit dem Schreiben verschwendet habe. Dabei sei er zu dem Schluss gekommen, dass Besseres nun nicht mehr kommen werde. Er zitiert den Boxer Joe Louis, der am Ende seines Leben gesagt habe: „Ich habe aus dem, was mir gegeben war, das Beste gemacht.“ Genau das könne er auch von seinem Werk sagen, so Roth. Danach habe er beschlossen, mit der Literatur aufzuhören. „Ich will nicht mehr schreiben und nicht mehr lesen.“ Er habe sein ganzes Leben dem Roman gewidmet: „Ich studierte, ich lehrte, ich schrieb und ich las. Fast alles andere kam dabei zu kurz. Genug ist genug. Ich spüre nicht länger den Fanatismus, den ich mein Leben lang gekannt habe.“
Von Erschlaffung war im Werk von Philip Roth bisher nichts zu bemerken. In der vergangen Dekade hatte er jährlich ein neues Buch vorgelegt. Allerdings waren diese meist recht kurz, sein letzter großer Roman „Der menschliche Makel“ erschien 2000. Künstlerisch waren einige der jüngeren Werke umstritten, weil Roth auch im hohen Alter nicht aufhörte, die tragikomischen Elemente der männlichen Sexualität auszuloten – so wie er es bereits 1969 mit „Portnoys Beschwerden“ getan hatte, dem Buch, das ihn weltberühmt machte. Das brachte ihm den Vorwurf ein, Altherrenfantasien zu pflegen – vor allem von Leuten, die diese Bücher nicht gelesen hatten und nicht merkten, dass Roths erotisch aktive oder auch zwangsinaktive Greise ziemlich bedauernswerte und komische Würstchen sind.
Vielleicht ist das Ganze aber auch nur ein Versuch, das Nobelpreiskomitee auszutricksen. Dort gilt Roth ja seit Jahrzehnten als Kandidat – und jedes Jahr zieht man ihm wieder einen anderen vor. Die schwedischen Juroren setzen gerne auf Schriftsteller, die seit Jahrzehnten nichts von Belang mehr geschaffen haben – wie Harold Pinter oder Dario Fo. Mit jedem Jahr des Schweigens wachsen also Roths Chancen in Stockholm.
Die auf der Website veröffentlichten Kommentare geben nicht automatisch den Standpunkt der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern Regierung wieder.
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Aktuelle Veranstaltungen
Do. 27.11.2025 | 7. Kislew 5786
Kultur
„Jiddish-Soulfood“: Von Tango bis Jazz, von Damals bis Jetzt – mit Sharon Brauner
Beginn 19:00Konzert
Donnerstag, 27. November 2025, 19 Uhr
Sharon Brauner singt Lieder in Jiddisch und von jüdischen Komponisten.
Piano-Begleitung: Harry Ermer
Die Berlinerin Sängerin und Schauspielerin beschäftigt sich seit langem mit jiddischer Kultur und der dazugehörigen Musik. Diese findet sich auch in Kompositionen und Texten der Moderne. Ob in alter und neuer Heimat oder im Exil, diese Kunst im 20. Jahrhundert wäre ohne den Einfluss jüdischer Komponisten und Interpreten nicht vorstellbar. Die Melodien stammen aus dem Schtetl in Polen, aber auch aus Berlin, Wien, Moskau sowie Tel Aviv, und prägten Kompositionen ebenso am Broadway in New York, Miami, Hollywood und in Buenos Aires. Weiterlesen »
So. 30.11.2025 | 10. Kislew 5786
Kultur
„Das Sterben der Demokratie“: Ein Abend mit Richard C. Schneider und Peter R. Neumann
Beginn 18:00Buchpräsentation und Gespräch
Sonntag, 30. November 2025, 18 Uhr
Moderation: Shahrzad Eden Osterer (Bayerischer Rundfunk)
Weltweit gewinnen Rechtspopulisten massiv an Unterstützung und gefährden die liberale Demokratie. Peter R. Neumann, einer der international renommiertesten Extremismus-Experten, und der vielfach ausgezeichnete Journalist und Dokumentarfilmer Richard C. Schneider haben sich unter anderem in Ungarn, Frankreich, den Niederlanden, Italien und den USA umgesehen. Ihre augenöffnende Recherche (Rowohlt Berlin) zeigt wie unter einem Brennglas, welcher Gefahr Deutschland gegenübersteht. Weiterlesen »
Mi. 03.12.2025 | 13. Kislew 5786
Kultur
„Vom Überleben ins Leben“: Eine jüdische Biografie im München der Nachkriegszeit mit Roman Haller
Beginn 19:00Buchpräsentation und Gespräch
Mittwoch, 3. Dezember 2025, 19 Uhr
Vorstellung der Autobiografie von Roman Haller
Moderation: Shahrzad Osterer (BR)
Roman Haller erzählt von seiner Geburt 1944 in einem Waldversteck in Polen, vom Aufwachsen in Deutschland, einem Land, das seine Eltern ermordet hätte, wenn es ihrer in der NS-Zeit habhaft geworden wäre, vom jüdischen Alltag zwischen Schwarzmarkt und Schulbank, Davidstern und Lederhose. Mit Humor schildert er, wie das Leben trotz allem weiterging und wie er seinen Platz im München der Nachkriegszeit fand. Weiterlesen »
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