Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

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3. März 2016

Kinder von damals

Die Historikerin Lilly Maier sprach im Gasteig über ihre Begegnungen mit Zeitzeugen. Von Helmut Reister, erschienen in der Jüdischen Allgemeinen, 3.3.2016.

Es war ein Akt der Menschlichkeit inmitten des Grauens: Nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 entschloss sich die Regierung Großbritanniens zum Handeln. Mehr als 10.000 jüdische Kinder und Jugendliche aus Deutschland durften auf Drängen der Briten das nationalsozialistische Deutschland verlassen. Allerdings ohne ihre Eltern – nur allein auf sich gestellt und auf die Hilfe fremder Menschen angewiesen. Für viele Kinder wurde es zu einem Abschied von ihrer Familie – für immer.

Paul Chajet und Lilly Maier. © Marina Maisel

Lilly Maier, die in München geboren wurde und am Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) studierte, befragte speziell Überlebende der damaligen Kindertransporte in den USA und wurde für ihre Arbeit mit dem »Forscherpreis 2014 für exzellente Studierende« der LMU ausgezeichnet.

Recherche

Das Ergebnis ihrer Recherchen stellte Maier bei einer Veranstaltung im Kulturzentrum Gasteig vor. Die Veranstaltung, die vom Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und der Volkshochschule München organisiert wurde, ist Teil der Reihe zum Thema »Flucht – Asyl – Migration: die historische Erfahrung«.

In der ersten Reihe saß der 92-jährige Paul Chajet. Er war eines der Kinder, die durch die Transporte die Schoa überlebt haben. Chajet hatte ein abgegriffenes, verblichenes Schriftstück mitgebracht, das er bis heute wie einen Schatz hütet – das »Certificate of Registration«, einen Ausweis, der mit Einträgen und Stempeln seine lebensrettende Reise widerspiegelt.

Die Historikerin Lilly Maier machte in ihrem Vortrag klar: »Die Geschichte war mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch nicht vorbei, die Rettung blieb für die jüdischen Flüchtlingskinder nicht ohne Folgen.« Ganz im Gegenteil: Die zwangsweise Trennung von den Eltern und die Entwurzelung aus dem gewohnten Leben hätten tiefe emotionale Spuren hinterlassen und seien bis heute sehr stark im Leben der Überlebenden präsent, berichtete Maier.

Israel

Erkennbar sei dies zum Beispiel daran, dass sich die teilweise über 90 Jahre alten Menschen noch immer als »die Kinder« bezeichnen würden. Maier zufolge blieb etwa die Hälfte der 10.000 Kinder, die nicht immer ein »süßes« Leben genossen, sondern auch als Arbeitskräfte missbraucht wurden, nach dem Krieg in Großbritannien. Andere entschieden sich für ein Leben in den USA oder im neu gegründeten Israel.

Trotz der Traumata, die sie durchleben mussten, seien viele von den Kindern in ihren späteren Berufen überdurchschnittlich erfolgreich gewesen, stellte die Forscherin fest.

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Oktober 2025 | Tischri-Cheschwan | « »

Aktuelle Veranstaltungen


So. 12.10.2025 | 20. Tischri 5786

Kultur

„Sputnik“: Lesung und Gespräch mit Christian Berkel

Beginn 17:00

Buchpräsentation
Sonntag, 12. Oktober 2025, 17 Uhr

Moderation: Günter Keil

Am 4. Oktober 1957 erreichen die ersten Satelliten die Erdumlaufbahn. Kurz darauf erblickt in Westberlin Sputnik das Licht der Welt. Er wächst auf zwischen den Geschichten seiner Mutter Sala und den Büchern seines Vaters Otto. Eine wichtige Lebensstation wird Paris, wo er nicht nur zur Schule geht, sondern Theater und Varieté für sich entdeckt. Die Rückkehr nach Deutschland fällt in eine Umbruchszeit auch der Theaterwelt der 70er Jahre. Eine wilde Phase des Experimentierens bricht an, bis Sputnik wie so viele vom Mauerfall 1989 überrollt wird. Und zu ahnen beginnt, wer er ist, oder zumindest, wer er sein könnte. In seinem dritten Roman begibt sich Christian Berkel erneut auf eine sehr persönliche Spurensuche, die bis in eine erschreckend veränderte Gegenwart führt. Weiterlesen »

Sa. 18.10.2025 | 26. Tischri 5786

Kultur

26. Lange Nacht der Museen in München

Beginn 20:30

Vortrag und Konzert
Beitrag der IKG München und Oberbayern zur Langen Nacht

Samstag, 18. Oktober 2025, 20:30–23:00 Uhr

Auf einen Blick:

Vorträge (je 30 Minuten)

  • 20:30 Uhr: Dr. Elisabeth Rees-Dessauer
  • 21:45 Uhr: Ellen Presser

21:00 und 22:15 Uhr: Konzert des Synagogenchors unter Leitung von David Rees (je 30 Minuten), Begleitung am Piano: Luisa Pertsovska Weiterlesen »

Mo. 03.11.2025 | 12. Cheschwan 5786

Kultur

Mit Dmitrij Kapitelman: „Russische Spezialitäten“

Beginn 19:00

Buchpräsentation und Gespräch
Montag, 3. November 2025, 19 Uhr

Moderation: Ellen Presser

Eine ukrainisch-jüdisch-moldawische Familie, lebt in Leipzig, wo sie russische Spezialitäten verkauft. Und zwar an Osteuropäer, die sich zwischen russischen Flusskrebsen, ukrainischem Wodka und georgischen Sonnenblumenkernen zuhause fühlen. Doch seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ist nichts mehr wie zuvor. Die Mutter glaubt den Propagandasendungen des russischen Fernsehens. Ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Um seine Mutter zur Vernunft zu bringen, begibt er sich per Flixbus nach Kiew. Oder wie man inzwischen liest: Kyjiw, von wo er ihr die Wahrheit mitzubringen hofft. Weiterlesen »

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