Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

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17. Oktober 2011

Jüdisches Zentrum München erhält Architekturpreis

Das „Jüdische Zentrum München“ hat am 13. Oktober 2011 in Dresden eine der fünf begehrten Auszeichnungen des Deutschen Architekturpreises 2011 erhalten. In seiner Laudatio sagte Sigurd Trommer: „Wenn auch nach langem Ringen: Es ist ein Glücksfall, dass sich die Stadt München, die Jüdische Gemeinde und die benachbarten Eigentümer und Nutzer darauf verständigt haben, auf der letzten Kriegsbrache in der Altstadt das Jüdische Zentrum in der Stadtmitte entstehen zu lassen. Und es ist Glücksfall, dass nicht nur das Wettbewerbsergebnis verwirklicht, sondern der gewonnene städtische Raum insgesamt neu gestaltet und ein Ort gestiftet wurde.

Jüdisches Zentrum München. Foto: Roland Halbe

Jüdisches Zentrum München. Foto: Roland Halbe

Die drei Gebäude der Architekten Wandel Hoefer Lorch + Hirsch haben zwei Bauherren: die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern (Synagoge, Gemeindehaus) und die Landeshauptstadt München, vertreten durch den Oberbürgermeister, dieser vertreten durch das Baureferat, dieses vertreten durch das Kulturreferat (Jüdisches Museum).

Weitere Info unter bmvbs.de.

Das Bauwerk

Das Jüdische Zentrum besteht entgegen seinem Titel aus drei Gebäuden: Synagoge, Gemeindezentrum und Museum. Sie liegen in der Münchner Innenstadt am St.-Jakobs-Platz auf einer ehemaligen Kriegsbrache, die der Stadtrat der jüdischen Gemeinde 1999 zu Verfügung gestellt hat.
Die Anlage ist Teil des öffentlichen Raums.

Der Städtebauliche Entwurf von drei kubischen Baukörpern lässt die Spuren des zerstörten Stadtgefüges sichtbar bleiben. Zwischen den Gebäuden entsteht eine Struktur aus Gassen und Plätzen, die das Ensemble sensibel und ohne Anbiederung in das vorhandene Stadtgefüge einbindet. Die hohe, transparente Stahlkonstruktion, die sich aus dem geschlossenen Sockel erhebt, macht die Synagoge zum selbstverständlichen Mittelpunkt zwischen vorhandener Bebauung und den Neubauten.

Das Museum hingegen zeigt sich als öffentliche Einrichtung im Erdgeschoss großzügig verglast. Unmittelbar an die noch vorhandene Bebauung schließt sich das größte Volumen an, das Gemeindezentrum. Mit ihrer Travertinverkleidung zeigen die drei Baukörper Verbundenheit, durch die unterschiedlichen Oberflächen Differenz: Unbehandelte Krustenplatten für die Synagoge, geschliffene Steinplatten für das Museum und gestockte und gesägte Platten für das Gemeindezentrum.

Laudatio (Sigurd Trommer)

Wenn auch nach langem Ringen: Es ist ein Glücksfall, dass sich die Stadt München, die Jüdische Gemeinde und die benachbarten Eigentümer und Nutzer darauf verständigt haben, auf der letzten Kriegsbrache in der Altstadt das Jüdische Zentrum in der Stadtmitte entstehen zu lassen. Und es ist Glücksfall, dass nicht nur das Wettbewerbsergebnis verwirklicht, sondern der gewonnene städtische Raum insgesamt neu gestaltet und ein Ort gestiftet wurde.

Auf den Spuren langer Stadtgeschichte bildet die Synagoge den Blickfang. In vorgegebener West-Ost-Richtung formt sie mit Museum und Gemeindehaus einen kleinen Platz, dessen alter und neuer Namenspatron Jakob Juden und Christen verbindet. Es ist eine Freude, diese Nutzungen mit ihren neu gebildeten, öffentlichen Räumen und der umgebenden Altbebauung mit Stadtmuseum und St. Jakobs-Kirche in einem urbanen Kontext zu erleben, verbunden mit der Hoffnung, dass es eines Tages der unvermeidlichen Sicherheitseinrichtung nicht mehr bedarf!

Mit ihrem schroffen, felsartigen Travertin-Sockel erinnert die Synagoge an den zerstörten Jerusalem-Tempel;  und mit dem darüber aufragenden Kubus aus einem  stählernen Davidsternmuster wird das Zeltheiligtum aus der vierzigjährigen Wüstenwanderung der Israeliten ins Gedächtnis gerufen. Damit ist die Synagoge in Form an Material eine Attraktion für den Unwissenden, sie erzählt dem Wissenden mit feinsinniger Symbolik Religionsgeschichte und gibt dem Gläubigen Bezug und Halt. In einer Zeit, die sich zu oft in neu gebaute Geschichte flüchtet, bildet das Jüdische Zentrum ein räumliches, bauliches und inhaltliches Integral mit der historischen Umgebung und vermittelt heute in der Zukunft Architektur unserer Zeit.

Die Architekten (Wandel Hoefer Lorch + Hirsch)

Die Partner des Büros – Andrea Wandel (*1963), Andreas Hoefer (*1955), Wolfang Lorch (*1960) und Nikolaus Hirsch (*1964)- gehören zu der Generation der „Wirtschaftswunderkinder“. Drei der Partner lehren derzeit an süddeutschen Hochschulen. Rena Wandel-Hoefer (*1964), die am Jüdischen Zentrum in München mitarbeitete, ist inzwischen Baudezernentin von Saarbrücken.

Schwerpunktmäßig  in Darmstadt ausgebildet, aber auch in Berlin und Barcelona, ist es den ambitionierten Architekten mit Projekten wie der Synagoge in Dresden, der Gedenkstätte in Hinzert und bereits mit ihrem Erstlingswerk aus Studentenzeit – der Gedenkstätte Börneplatz in Frankfurt- gelungen, Theorie und Praxis, Diskus und Bauen miteinander zu verbinden. Entwerfen wird in dem Saarbrücker Architekturbüro nicht als lineare Prozesse praktiziert, sondern in einer kontextuellen Methode.

Raum und Material, die in der Architektur zu konkreten Orten zusammengeführt sind, bilden für sie eine res publika, „ein konkretes Ding, das geteilt und diskutiert werden kann. (…) Die meisten Architekten sehen das Politische als eine Ablenkung von ihrer vorgeblichen autonomen Disziplin. Wir denken das Gegenteil: Politische Kontexte initiieren architektonische Probleme und damit auch Potentiale.“  Im Büro Wandel Hoefer Lorch + Hirsch arbeiten Projektgruppen mit flexibler Zusammensetzung. Eine eigene Sanierungsabteilung betreut den Bereich denkmalgeschützter Bausubstanz, städtebauliche Aufgaben übernehmen ausgebildete Stadtplaner.

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