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14. März 2012
Gefährliche Netzwerke: Aktive Rechtsextremisten – ohnmächtige Behörden
report MÜNCHEN, Sendung vom 13.3.2012. In Bayern gibt es in letzter Zeit auffallend häufig rechtsextreme Versammlungen. Dabei sieht man immer die gleichen Köpfe; darunter auch Martin Wiese, der schon einmal als Rädelsführer einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden war. Jetzt baut er das Netzwerk von Kameradschaften neu auf und belebt alte Kontakte – unter den Augen der Behörden. report MÜNCHEN mit aufrüttelnden Recherchen.
Autoren: Oliver Bendixen, Pia Dangelmayer, Ulrich Hagmann. Landshut in Niederbayern. Rund 100 Rechtsextreme demonstrieren. Als Anführer mittendrin: Martin Wiese, vorbestraft wegen Rechtsterrorismus. Er wird 2003 festgenommen, weil er einen Anschlag auf die Grundsteinlegung der Münchner Hauptsynagoge geplant haben soll.
Wiese tritt als Wortführer auf, verhandelt mit der Polizei, leitet faktisch die Versammlung – der Rechtsextremist ist kein Unbekannter.
Dazu Charlotte Knobloch, Präsidentin Israelitische Kultusgemeinde München u. Oberbayern: „Ich bin sehr entsetzt und ich hätte mir das nicht vorstellen können, dass ich das nochmal erleben muss, dass ein solcher Neonazi heute wieder die Möglichkeiten hat, zu agitieren, diesen Staat, die Polizei zu verhöhnen.“
Im Jahr 2005 wird Martin Wiese zu sieben Jahren Haft verurteilt: Als Rädelsführer einer terroristischen Vereinigung, wegen Waffen- und Sprengstoffdelikten. Noch im Gefängnis schreibt er: „Ich werde erst Ruhe finden, wenn wir den Endsieg gefeiert haben.“
Im August 2010 kommt Wiese frei – rechtsextreme Aktionen häufen sich. Er versucht, über die neu-gegründete Kameradschaft München Nord die radikale Szene neu zu strukturieren, koordiniert sich mit anderen rechten Gruppierungen. Das Ziel laut Verfassungsschutz: Seine Positionierung als Führungsfigur.
Das gelingt ihm – auch auf der Demonstration in Landshut: „Vorrücken! Wiederstand lässt sich nicht verbieten!“
Der einschlägig vorbestrafte Wiese gibt Kommandos, die Polizei verhandelt immer wieder mit ihm. Dabei ist er, wie report MÜNCHEN weiß, nicht der angemeldete Versammlungsleiter. Doch er agiert als solcher – und die Polizei akzeptiert das. Muss sie?
Nein, sagt das bayerische Versammlungsgesetz, nicht, wenn dieser die Friedlichkeit gefährdet.
Die report-MÜNCHEN-Reporter zeigen ihre Aufnahmen dem Sicherheitspolitiker Hans-Peter Uhl – er fordert härtere Konsequenzen.
Hans Peter Uhl, CSU, Bundestagsabgeordneter: „Er hat die Führungsrolle inne und das sollte man unterbinden, indem man den Versammlungsleiter kommen lässt und mit ihm diese Frage klärt und dafür sorgt, dass Martin Wiese aus dem Verkehr gezogen wird in der Funktion als Leiter.“
In Landshut hat die Polizei Martin Wiese gewähren lassen – völlig ohne Not. Ein Interview dazu lehnt sie ab, antwortet schriftlich: „Zur Sicherstellung eines friedlichen Verlaufs der Versammlungen war es daher zweckmäßig, neben den jeweiligen Versammlungsleitern beispielsweise auch auf Wortführer wie Herrn Wiese verbal einzuwirken.“
Doch Martin Wiese ist keineswegs ein Garant für Friedlichkeit: In Landshut wiegelt er die Massen auf, ganz vorne mit dabei: Die Jagdstaffel Deutsch Stolz Treu. Zwei Mitglieder versuchen, die Polizeisperre zu durchbrechen.
report MÜNCHEN hat im Januar aufgedeckt: Diese Rechtsextremisten hantieren mit Waffen, fahren zu Schießübungen nach Tschechien. Und: Ein Mitglied der Jagdstaffel hatte Martin Wiese vor seiner Verurteilung eine Kalaschnikow besorgt.
Zurück zur Demo in Landshut: Nicht mit allen alten Gesinnungsgenossen darf Wiese sich heute noch treffen: Zu drei Mitverurteilten hat er ein Kontaktverbot.
Doch gleich zwei davon sind ebenfalls auf der Landshuter Versammlung: Thomas Schatt und Karl-Heinz Statzberger, der hier im Bild direkt neben Martin Wiese steht. Wie ist das möglich? report MÜNCHEN zeigt der zuständigen Führungsaufsicht die Bilder: Theo Ziegler, Vors. Richter Landgericht Landshut: „Das reicht einfach nicht aus, es ist noch keine Kontaktaufnahme in Sinne des Gesetzes, allein, dass er hier, dass die nebeneinander stehen, genügt einfach nicht.“
Doch sie stehen nicht nur zusammen: Karl-Heinz Statzberger hält auf der Landshuter Demo eine Rede – gleich nach ihm spricht Martin Wiese, an exakt der gleichen Stelle.
Keinerlei Kontaktaufnahme?
Theo Ziegler, Vors. Richter Landgericht Landshut: „Muss man so hinnehmen, daraus lässt sich nicht ableiten ein Kontaktverbotsverstoß, weil der immer einen persönlichen Kontakt voraussetzt und ich kann nicht einfach aus diesen organisatorischen Dingen zwangsweise darauf schließen, oder mit der erforderlichen Sicherheit darauf schließen, dass deshalb ein Kontakt stattfand, das ist einfach nur Vermutung.“
Hans-Peter Uhl, CSU, Bundestagsabgeordneter: „Ein Kontaktverbot muss natürlich zum Zweck haben, dass diese Gesinnungsgenossen nicht bei einer gemeinsamen Demonstration mit Mikrofon bewaffnet gemeinsam auftreten können und der eine dem anderen das Mikrofon übergibt – und das kann nicht Sinn der Sache sein eines Kontaktverbots, dass man so etwas nicht unterbinden kann.“
Und es war nicht das erste Mal: Kurz zuvor waren beide bei einem Rechtsrockkonzert im bayerischen Halsbach, wie diese Bilder zeigen. Hinter geschlossenen Türen, auch hier heißt es: kein Verstoß. Bisher hatte kein einziger Strafantrag Erfolg.
Doch gab es wirklich nie Kontakt?
Die report-MÜNCHEN-Reporter wollen nachfragen, machen sich auf die Suche nach Martin Wiese – am vergangenen Samstag in München, bei einem Aktionstag der Bürgerinitiative Ausländerstopp. Sie treffen dort Karl-Heinz Statzberger…
report MÜNCHEN: „Grüss Gott, Herr Statzberger, Sie sind der Herr Statzberger, report MÜNCHEN, Hagmann mein Name, es geht um das Kontaktverbot mit dem Herrn Wiese, man vermutet, Sie verstoßen da dagegen.“
Karl-Heinz Statzberger: „Kein Kommentar.“
report MÜNCHEN: „Sie haben in Landshut eine Rede gehalten, wie haben Sie das denn mit dem Herrn Wiese koordiniert, diese Rede? Herr Statzberger, bleiben Sie doch da, warum laufen Sie denn weg?“
Die report-MÜNCHEN-Reporter fragen auch Martin Wiese zum Kontaktverbot und zu seiner Rolle bei der Versammlung in Landshut. Auf ihre schriftliche Anfrage bekommen die Reporter keine Antwort.
Im Mai wird Wiese wieder vor Gericht stehen: Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat Anklage erhoben, auch wegen Volksverhetzung, beim Frankentag 2011. Wiese soll dort zudem ein T-Shirt mit der Signatur „Adolf Hitler“ getragen haben – und: er habe Medienvertreter bedroht, mit den Worten … „wir werden eines Tages kommen, euch aus euren Löchern holen, euch vor einen Volksgerichtshof stellen und euch wegen Deutschlands Hochverrat verurteilen zum Tode“.
Ob die Behörden ihn bei diesem Prozess stoppen können? Sie dürfen nicht weiter zuschauen.
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„Sputnik“: Lesung und Gespräch mit Christian Berkel
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Am 4. Oktober 1957 erreichen die ersten Satelliten die Erdumlaufbahn. Kurz darauf erblickt in Westberlin Sputnik das Licht der Welt. Er wächst auf zwischen den Geschichten seiner Mutter Sala und den Büchern seines Vaters Otto. Eine wichtige Lebensstation wird Paris, wo er nicht nur zur Schule geht, sondern Theater und Varieté für sich entdeckt. Die Rückkehr nach Deutschland fällt in eine Umbruchszeit auch der Theaterwelt der 70er Jahre. Eine wilde Phase des Experimentierens bricht an, bis Sputnik wie so viele vom Mauerfall 1989 überrollt wird. Und zu ahnen beginnt, wer er ist, oder zumindest, wer er sein könnte. In seinem dritten Roman begibt sich Christian Berkel erneut auf eine sehr persönliche Spurensuche, die bis in eine erschreckend veränderte Gegenwart führt. Weiterlesen »
Sa. 18.10.2025 | 26. Tischri 5786
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Vorträge (je 30 Minuten)
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- 21:45 Uhr: Ellen Presser
21:00 und 22:15 Uhr: Konzert des Synagogenchors unter Leitung von David Rees (je 30 Minuten), Begleitung am Piano: Luisa Pertsovska Weiterlesen »
Mo. 03.11.2025 | 12. Cheschwan 5786
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Beginn 19:00Buchpräsentation und Gespräch
Montag, 3. November 2025, 19 Uhr
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Eine ukrainisch-jüdisch-moldawische Familie, lebt in Leipzig, wo sie russische Spezialitäten verkauft. Und zwar an Osteuropäer, die sich zwischen russischen Flusskrebsen, ukrainischem Wodka und georgischen Sonnenblumenkernen zuhause fühlen. Doch seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ist nichts mehr wie zuvor. Die Mutter glaubt den Propagandasendungen des russischen Fernsehens. Ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Um seine Mutter zur Vernunft zu bringen, begibt er sich per Flixbus nach Kiew. Oder wie man inzwischen liest: Kyjiw, von wo er ihr die Wahrheit mitzubringen hofft. Weiterlesen »

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