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23. Februar 2017

Für den guten Zweck

Das Auktionshaus Neumeister versteigerte Gemälde von Max Mannheimer. Von Helmut Reister, erschienen in der Jüdischen Allgemeinen vom 23.2.2017. Dem im September vergangenen Jahres verstorbenen Max Mannheimer sel. A. jedes Jahr am 6. Februar zum Geburtstag zu gratulieren, war für Alt-Oberbürgermeister Christian Ude nie nur ein dienstlicher Pflichttermin.

Alt-Oberbürgermeister Christian Ude und Auktionatorin Katrin Stoll bei der Versteigerung eines Gemäldes von Max Mannheimer. © Neumeister München/Christian Mitko

Alt-Oberbürgermeister Christian Ude und Auktionatorin Katrin Stoll bei der Versteigerung eines Gemäldes von Max Mannheimer. © Neumeister München/Christian Mitko

 

Dem Holocaust-Überlebenden, dem Aufklärer, dem Versöhner, dem Mahner, dem Bindeglied zwischen Vergangenheit und Gegenwart war Christian Ude auch in tiefer persönlicher Freundschaft verbunden. Am 6. Februar dieses Jahres konnte der Politiker seine Glückwünsche erstmals nicht mehr überbringen, aber einen Freundschaftsdienst leistete er ihm an diesem Tag dennoch.

Zu den vielen Facetten, die die Persönlichkeit Max Mannheimers ausmachten, gehörte die Malerei. Er selbst sprach nicht von Malen, sondern von einer »Vermählung der Farben«. Papier, Glas, Holz, Leinwand und was sonst noch als Basis für die Entstehung einer Zeichnung oder eines Bildes hergenommen werden kann, dienten dem »Heiratsvermittler« der Farben für seine künstlerischen Ideen. Die waren nicht immer schön, denn in vielen Fällen führte ihm Auschwitz, die selbst erlebte Hölle auf Erden, beim Malen die Hand.

Therapie

Max Mannheimer machte kein Geheimnis daraus, was die Triebfeder für seine ersten Versuche mit Pinsel und Leinwand war: »Für mich war Malen eine überlebensnotwendige Therapie. Meine Erinnerungen bestanden damals, wenige Jahre nach Ende des Weltkriegs, nur aus Schrecken, Gräueltaten und Tod. Malen eröffnete, wenigstens kurzzeitig, eine andere gedankliche Ebene und war ein Weg aus Schmerzen und Depression.«

So wie Max Mannheimer erst viele, viele Jahre nach dem Holocaust über seine Erlebnisse berichten konnte, so wenig drängte es ihn mit seinen Gemälden in die Öffentlichkeit. Mitte der 50er-Jahre hatte er mit dem Malen angefangen, aber es dauerte mehr als 20 Jahre, bis seine Werke 1975 in München zum ersten Mal öffentlich zu sehen waren. Danach stellte er sie in Zü-rich aus, einige Male noch in München, in seiner Geburtsstadt Novy Jicin und im ehemaligen Konzentrationslager Dachau.

Als Künstler ging Max Mannheimer einen langen Weg. Mit der Idylle am Königssee, seinem ersten Bild, das er aus einem Katalog abmalte, hatten seine Werke sehr schnell nichts mehr zu tun. Gefangenenzug bei Nacht betitelte er 1955 sein nächstes Werk, eine Szene aus dem KZ, und kam damit seiner zerschundenen Seele entschieden näher, aber im Lauf der Jahre wandte er sich dann immer mehr der abstrakten Malerei zu. »Dadurch kann ich meine Gefühle am allerbesten ausdrücken«, erklärte Max Mannheimer.

Kandinsky

Eine abstrakte Hintergrundglasmalerei aus den 80er-Jahren stellte Max Mannheimer zwei Jahre vor seinem Tod dem Schloß- museum Murnau als Dauerleihgabe mit besonderer Freude zur Verfügung. Ein Grund, der seine Bereitschaft beflügelt hat, dem Schloßmuseum das Werk zu überlassen, ist die Tatsache, dass dort auch ein Werk von Wassily Kandinsky hängt, Mannheimers großem Vorbild. »Jetzt trennen uns nur ein Stockwerk und ein paar Meter voneinander«, sagte Mannheimer bei der offiziellen Übergabe vor zwei Jahren schmunzelnd über die plötzliche Nähe zu dem weltbekannten Expressionisten.

Im Jahr vor seinem Tod hat Max Mannheimer eine Schätzung über die Zahl seiner Werke abgegeben. »Rund 2000«, berechnete er, »könnten es grob über den Daumen gepeilt gewesen sein.« Wie sich nach seinem Tod herausgestellt hat, ist diese Zahl mit Vorsicht zu genießen. Es könnten noch mehr gewesen sein. Seine Familie stößt in den hintersten Winkeln immer wieder auf weitere Werke.

35 seiner Bilder, darunter Öl und Kunstharzlack auf Leinwand, Arbeiten auf Papier und Karton sowie Hintergrundglasgemälde, werden aber auch durch noch so intensives Suchen nicht mehr zu finden sein. Im Auftrag der Erben kamen sie für einen guten Zweck unter den Hammer. Der hohe Erlös, der mit 18.500 Euro alle Erwartungen übertraf, fließt an den humanitär ausgerichteten Verein »Leopolis Hilfe für die Ukraine«.

Kooperation

Mit der Durchführung und Organisation der Auktion hatte Max Mannheimers Familie das Münchner Kunstauktionshaus Neumeister in Kooperation mit dem Jüdischen Museum beauftragt, wo die ausgesprochen gut besuchte Veranstaltung auch über die Bühne ging.

Der hohe Erlös hing wohl auch mit dem Freundschaftsdienst zusammen, den AltOberbürgermeister Christian Ude für seinen verstorbenen Freund leistete. Zusammen mit Katrin Stoll, der Chefin des Auktionshauses Neumeister, zeigte Ude als »Mann mit dem Holzhammer« auch Entertainment-Qualitäten. Am Ende wurde für die Gemälde das Sechsfache des erwarteten Erlöses erzielt. Über diese Auktion hätte sich sicherlich auch der Erschaffer der Werke gefreut.

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Eine ukrainisch-jüdisch-moldawische Familie, lebt in Leipzig, wo sie russische Spezialitäten verkauft. Und zwar an Osteuropäer, die sich zwischen russischen Flusskrebsen, ukrainischem Wodka und georgischen Sonnenblumenkernen zuhause fühlen. Doch seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ist nichts mehr wie zuvor. Die Mutter glaubt den Propagandasendungen des russischen Fernsehens. Ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Um seine Mutter zur Vernunft zu bringen, begibt er sich per Flixbus nach Kiew. Oder wie man inzwischen liest: Kyjiw, von wo er ihr die Wahrheit mitzubringen hofft. Weiterlesen »

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