Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

Kultur

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8. Dezember 2016

Erinnerungen mit Wortwitz

Der Liedermacher Wolf Biermann stellte seine Autobiografie »Warte nicht auf bessre Zeiten!« vor. Von Helmut Reister, erschienen in der Jüdischen Allgemeinen, 8.12.2016. Ehrenbürger von Berlin und Träger zahlreicher Auszeichnungen wurde er, Staatsfeind der DDR war er, Liedermacher, Dichter und Autor ist er schon immer: Wolf Biermann.

Wolf Biermann bei der Buchpräsentation in der IKG München. © Marina Maisel

Wolf Biermann bei der Buchpräsentation in der IKG München. © Marina Maisel

Am 15. November wurde er 80 Jahre alt, sein Leben, zumindest wesentliche Teile davon, hat er in der Biografie Warte nicht auf bessre Zeiten! festgehalten und diese im Gemeindezentrum am Jakobsplatz vorgestellt. Sein Besuch in der bayerischen Landeshauptstadt, kurz vor seinem 80. Geburtstag, war kein Zufall – zur Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern hat er einen engen und lange zurückreichenden Kontakt.

Ellen Presser, die Leiterin der IKG-Kulturabteilung, hat in ihren Unterlagen nachgesehen und festgestellt, dass Wolf Biermann vor genau 30 Jahren zum ersten Mal Gast in der IKG war. Die befand sich damals noch im Gartenhaus in der Prinzregentenstraße. Es war der erste Auftritt des Liedermachers mit den vielen Gesichtern in einer jüdischen Gemeinde.

Zufall

Die Frage, warum er dort auftrete, beantwortete Wolf Biermann damals mit den beiden Bemerkungen, dass er zum einen vorher noch nicht gefragt worden sei, und zum anderen, dass sein Vater Jude gewesen und in Auschwitz ermordet worden sei. Der unsichtbare »Draht« zwischen Wolf Biermann und München ist historischer Zufall. Am gleichen Tag, dem 22. Februar 1943, als der Vater des Liedermachers ermordet wurde, mussten auch die Geschwister Scholl sterben.

Die Buchvorstellung im Gemeindezentrum Anfang November, dessen großer Saal mit 500 Besuchern bis auf den letzten Platz besetzt war, war ein ausgesprochen kurzweiliger Abend. Das lag nicht nur an dem Wortwitz und dem Anekdotenreichtum, den Wolf Biermann angesichts seines Lebenslaufs zu bieten hat.

»Tachles« Zum Gelingen der Veranstaltung trug auch Yves Kugelmann bei, Chefredakteur des in der Schweiz erscheinenden jüdischen Wochenmagazins »tachles«, der die Lesung moderierte. So erfuhren die Zuhörer zum Beispiel, dass Wolf Biermann zwar seit seiner Jugendzeit emsig Tagebuchaufzeichnungen führt, doch das Schreiben einer Biografie ständig vor sich hergeschoben habe. Erst seine Frau Pamela, der die Biografie auch gewidmet ist, habe ihn dazu gedrängt.

Auszugsweise daraus vorgelesen hat Biermanns Ziehsohn Manuel Soubeyrand. Der 59-Jährige war als Bühnenarbeiter an der Volksbühne beschäftigt, später als Schauspieler am Berliner Ensemble, war Regisseur und leitet derzeit als Intendant das Theater im brandenburgischen Senftenberg.

Selbst, so räumte Wolf Biermann ein, dürfe er nicht aus dem Buch lesen. Das habe ihm seine Frau verboten – aus Gründen der Vortragsqualität.

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Aktuelle Veranstaltungen


Do. 27.11.2025 | 7. Kislew 5786

Kultur

„Jiddish-Soulfood“: Von Tango bis Jazz, von Damals bis Jetzt – mit Sharon Brauner

Beginn 19:00

Konzert
Donnerstag, 27. November 2025, 19 Uhr

Sharon Brauner singt Lieder in Jiddisch und von jüdischen Komponisten.
Piano-Begleitung: Harry Ermer

Die Berlinerin Sängerin und Schauspielerin beschäftigt sich seit langem mit jiddischer Kultur und der dazugehörigen Musik. Diese findet sich auch in Kompositionen und Texten der Moderne. Ob in alter und neuer Heimat oder im Exil, diese Kunst im 20. Jahrhundert wäre ohne den Einfluss jüdischer Komponisten und Interpreten nicht vorstellbar. Die Melodien stammen aus dem Schtetl in Polen, aber auch aus Berlin, Wien, Moskau sowie Tel Aviv, und prägten Kompositionen ebenso am Broadway in New York, Miami, Hollywood und in Buenos Aires. Weiterlesen »

So. 30.11.2025 | 10. Kislew 5786

Kultur

„Das Sterben der Demokratie“: Ein Abend mit Richard C. Schneider und Peter R. Neumann

Beginn 18:00

Buchpräsentation und Gespräch
Sonntag, 30. November 2025, 18 Uhr

Moderation: Shahrzad Eden Osterer (Bayerischer Rundfunk)

Weltweit gewinnen Rechtspopulisten massiv an Unterstützung und gefährden die liberale Demokratie. Peter R. Neumann, einer der international renommiertesten Extremismus-Experten, und der vielfach ausgezeichnete Journalist und Dokumentarfilmer Richard C. Schneider haben sich unter anderem in Ungarn, Frankreich, den Niederlanden, Italien und den USA umgesehen. Ihre augenöffnende Recherche (Rowohlt Berlin) zeigt wie unter einem Brennglas, welcher Gefahr Deutschland gegenübersteht. Weiterlesen »

Mi. 03.12.2025 | 13. Kislew 5786

Kultur

„Vom Überleben ins Leben“: Eine jüdische Biografie im München der Nachkriegszeit mit Roman Haller

Beginn 19:00

Buchpräsentation und Gespräch
Mittwoch, 3. Dezember 2025, 19 Uhr

Vorstellung der Autobiografie von Roman Haller

Moderation: Shahrzad Osterer (BR)

Roman Haller erzählt von seiner Geburt 1944 in einem Waldversteck in Polen, vom Aufwachsen in Deutschland, einem Land, das seine Eltern ermordet hätte, wenn es ihrer in der NS-Zeit habhaft geworden wäre, vom jüdischen Alltag zwischen Schwarzmarkt und Schulbank, Davidstern und Lederhose. Mit Humor schildert er, wie das Leben trotz allem weiterging und wie er seinen Platz im München der Nachkriegszeit fand. Weiterlesen »

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