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24. Mai 2012
Bracha für Barack
Warum jüdische Wähler mehrheitlich Obama unterstützen – und nicht die Republikaner. Von Hannes Stein, erschienen auf Jüdische Allgemeine Online. Die Vorwahlen der Republikanischen Partei sind entschieden, der Kandidat heißt Mitt Romney, und der Präsident kann sich erst einmal lässig zurücklehnen: Jede Meinungsumfrage bestätigt, dass Barack Obama gegenüber seinem konservativen Herausforderer klar in Führung liegt. Und die amerikanischen Juden? Wem werden sie bei den Wahlen in diesem Herbst ihre Stimme geben? Auch darüber gibt es längst keinen Zweifel mehr.
Fangen wir mit den Argumenten an, die für Mitt Romney sprechen: Seine Haltung zu Israel ist vollkommen eindeutig. Er hat den jüdischen Staat Amerikas »leidenschaftlichsten« Verbündeten genannt und immer wieder die Wertegemeinschaft mit der einzigen Demokratie des Nahen Ostens hervorgehoben. Keinen Zweifel lässt Mitt Romney auch an seiner Haltung gegenüber den Feinden Israels: Die Hamas ist für ihn eine Terrororganisation, kein Verhandlungspartner, und mit der existenziellen Drohung, die aus Teheran kommt, will er Israel nicht allein lassen.
Sein erster Staatsbesuch als amerikanischer Präsident – das hat er schon jetzt angekündigt – werde ihn nach Jerusalem führen. All dies ist wahrscheinlich in Mitt Romneys Mormonenglauben verwurzelt: Joseph Smith, der Gründer der »Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage«, vertrat eine dezidiert philosemitische Theologie. Jeder, der mit dem »Buch Mormon« aufgewachsen ist, hat diese projüdische Haltung schon in der Vorschule in sich aufgesogen. Mitt Romney – das wäre ein verlässlicher Freund Israels im Weißen Haus.
Amerikanische Juden sind „bleeding hearts“
Bedeutet dies, dass die amerikanischen Juden ihn wählen werden? Nein. Das liegt daran, dass die amerikanischen Juden, die doch sonst eine sehr vielfältige Gruppe sind, wenigstens ein Merkmal gemeinsam haben. Die überwältigende Mehrheit gibt ihre Stimme den Demokraten. Das ist zumindest seit Franklin D. Roosevelt so. Dieser amerikanische Präsident lebt in der jüdisch-amerikanischen Erinnerung sozusagen als der gute Pharao – nicht allein deswegen, weil er Amerika mit sicherer Hand durch den Zweiten Weltkrieg gesteuert hat, sondern vielleicht noch mehr, weil er in den 30er-Jahren für den sozialdemokratischen New Deal stand. Viele kleine jüdische Geschäftsleute hatten in der Wirtschaftskrise der 30er-Jahre alles verloren; durch den New Deal bekamen sie wieder Boden unter die Füße.
Dass amerikanische Juden eher linksliberal als konservativ eingestellt sind, hat im Wesentlichen zwei Gründe. Erstens: Juden sind das, was man in Amerika als »bleeding hearts« bezeichnet. Sie haben ein Herz für die Armen und glauben an den Wohlfahrtsstaat. Zweitens: Juden sind für eine sehr strikte Auslegung des First Amendment, das eine Trennung von Staat und Religion in Amerika vorsieht. Die Republikaner stehen aus Sicht vieler Juden im Verdacht, eine religiöse Partei zu sein, die Amerika in einen christlichen Staat verwandeln möchte. In einem Amerika, das sich selbst als christlich definieren würde – statt als Republik, in der jeder nach seiner Fasson selig werden kann –, wären Juden wieder das, was sie früher schon einmal waren: eine an den Rand gedrückte Minderheit.
„Je linker, desto antizionistischer“
Und Israel? Hier muss man bedenken, dass die europäische Regel »Je linker, desto antizionistischer« in Amerika nicht gilt – oder wenigstens nicht in demselben Maße. Gewiss, es gibt radikale Randfiguren, die den Staat Israel in Grund und Boden verdammen; und es gibt eine boshafte antizionistische Stimmung an vielen amerikanischen Universitäten. Aber das Establishment der Demokratischen Partei ist davon bis auf weiteres nicht betroffen. Das liegt vor allem daran, dass die breite Masse der amerikanischen Bevölkerung hinter Israel steht.
Im Verhältnis von Obama und dem Staat Israel hat es am Anfang heftig geknirscht, aber das ist heute beinahe vergessen. Freilich: Es ist kein Geheimnis, dass Barack Obama Bibi Netanjahu immer noch nicht leiden kann – aber auch das treibt keinen Keil zwischen ihn und seine jüdischen Wähler. Viele amerikanische Juden können den israelischen Premierminister nämlich auch nicht ausstehen.
Wie denken nun jene ungefähr 20 Prozent der amerikanischen Juden, die in der Wahlkabine den rechten Hebel ziehen? Aus ihrer Sicht trägt der Linksliberalismus der meisten amerikanischen Juden Züge einer Ersatzreligion; die »New York Times«, so heißt es, habe bei den treuen Anhängern der Demokraten die Tora ersetzt. Juden, die den Republikanern zuneigen, weisen außerdem darauf hin, dass die Propheten sich zwar für soziale Gerechtigkeit eingesetzt haben, nicht aber für den Sozialismus (auch nicht für eine moderate Variante davon). Stattdessen betont die jüdische Ethik die Eigenverantwortung. Das Zentralorgan der rechten amerikanischen Juden ist die Zeitschrift »Commentary«. In ihren Spalten wird regelmäßig gewarnt, die Geschichte könnte sich wiederholen: Amerika könnte unter Präsident Obama den Staat Israel im Stich lassen, so wie es im Zweiten Weltkrieg die europäischen Juden im Stich gelassen hat.
Doch bisher sieht es nicht so aus, als könnte dies je die Meinung der Mehrheit werden.
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