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19. Februar 2012
Anklage wegen Neonazi-Morden vermutlich im Herbst
Von Stefan Uhlmann, dapd. Die Bundesanwaltschaft wird voraussichtlich im Herbst Anklage wegen der Mordserie der Zwickauer Neonazi-Zelle erheben. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen“, sagte Generalbundesanwalt Harald Range der Süddeutschen Zeitung. Zugleich ergaben die bisherigen Ermittlungen nach Aussage von Range keine tiefgehenden Verflechtungen zwischen der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) und der rechtsextremistischen NPD.
Der Nachweis, dass Beate Zschäpe zur Terrorzelle gehöre, werde voraussichtlich gelingen, sagte Range weiter. Anhaltspunkte dafür, dass sie unmittelbar an den Verbrechen beteiligt gewesen sei, gebe es aber nicht.
Abgeschottete Gruppe
Auch lägen keine Hinweise dafür vor, ob der Zelle über die Morde an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft sowie einer Polizistin hinaus weitere Mordtaten zuzurechnen seien. Allerdings dürfte die Gruppe für weitere Banküberfälle verantwortlich sein, sagte Range.
Der Generalbundesanwalt beschrieb die NSU als offenbar „abgeschottete Gruppe“, die ganz bewusst ihre Außenkontakte zur rechten Szene weitgehend abgeschnitten habe. Ein braunes Netzwerk könne man derzeit nicht erkennen. Es sei nach jetzigem Erkenntnisstand nicht so, dass die NSU eine „Armee der NPD“ gewesen sei. Es gebe aber einen Kreis von Unterstützern, der sich vielleicht noch vergrößern werde. Die personellen Verbindungen zur NPD sind nach Darstellung von Range bisher Einzelfälle.
Gefahr unterschätzt
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann räumte derweil ein, die Gefahren des Rechtsextremismus unterschätzt zu haben. „Brutale Gewalt gegen Ausländer war nicht auszuschließen, aber derart kaltblütig geplante Morde haben alle überrascht“, sagte der CSU-Politiker der „Süddeutschen Zeitung“. Auch das raffinierte Vorgehen der Neonazis habe er so nicht erwartet. „Es ist absolut untypisch, dass sich die Terroristen nicht ihrer Taten rühmen.“
Mit Sorge verfolgt der Minister, wie sich die Szene nach der Mordserie durch das Zwickauer Terrortrio solidarisiere. „Die Rechtsextremisten treten dreister und aggressiver auf.“ Herrmann sagte weiter: „Wir müssen die mörderischen Gefahren des Rechtsextremismus noch ernster nehmen – dafür ist die Mordserie ein tragisches Lehrstück.“
Range will mehr Klarheit bei Befugnissen
Der Generalbundesanwalt wünscht sich derweil mehr Befugnisse für seine Ermittler. „Ich halte es für bedenkenswert, die Voraussetzungen für unsere Zuständigkeiten zu präzisieren“, sagte Range. Man könnte eine „besondere Bedeutung“ immer dann annehmen, wenn ein länderübergreifender Zusammenhang bestehe. Entscheiden müsse aber der Gesetzgeber.
Range konstatierte eine Grauzone, inwieweit die Bundesanwaltschaft schon vor einem Anfangsverdacht befugt sei, eigene Erhebungen vorzunehmen. „Ich würde mir hier mehr Klarheit und Möglichkeiten für die Bundesanwaltschaft wünschen“, sagte Range.
Caffier will Zentrale für Ermittlungen
Der Vorsitzende der Länder-Innenminister, Lorenz Caffier CDU), fordert eine bundesweite Zentrale für die Ermittlungen zu den Morden der Zwickauer Neonazi-Terrorzelle. Eine zentrale Ermittlungsstelle zur Aufarbeitung möglicher Versäumnisse verspreche die größten Erfolgsaussichten, sagte der CDU-Politiker der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern fügte hinzu, er sei sich nicht sicher, ob es wirklich notwendig sei, den Bundestagsuntersuchungsausschuss, den Generalbundesanwalt sowie die Bund-Länder-Kommission parallel ermitteln zu lassen. Gleichwohl sei es nötig, diese zu unterstützen, da sie nun mit ihren Aufgaben betraut seien.
Lieberknecht: Alle V-Leute dauerhaft abziehen
Um den Erfolg eines neuen NPD-Verbotsverfahrens sicherzustellen, fordert Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht einen generellen Verzicht auf Informanten des Staates in der rechtsextremistischen Partei. „Ich rate dazu, sämtliche V-Leute des Verfassungsschutzes aus der NPD abzuziehen – und zwar dauerhaft“, sagte die CDU-Politikerin der Zeitung Welt am Sonntag.
Die Neonazi-Morde hätten gezeigt, wie begrenzt der Nutzen solcher Informanten sei. „Ich halte es für wesentlich effizienter, auf Neonazi-Aussteiger zu setzen als auf V-Leute. Wir brauchen mehr Aussteigerprogramme.“
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Mo. 29.09.2025 | 7. Tischri 5786
Kultur
Meine deutsche Geschichte. Wie ich als ukrainischer Jude meine neue Heimat sehe
Beginn 19:00Buchpräsentation und Gespräch mit dem Autor Mihail Groys
Montag, 29. September 2025, 19 Uhr
Moderation: Ariella Chmiel (angefragt)
Mihail Groys, geb. am 29. April 1991 in Tschystjakowe (damals Tores) im Donbass, kam in den 90er-Jahren mit seiner Familie aus der Ukraine nach Deutschland. Nun – über 25 Jahre später – blickt er humorvoll und anekdotenreich auf seine Geschichte und die des Landes, das ihm inzwischen Heimat geworden ist. Auch wenn Deutschland für ihn als Juden nie ein Land wie jedes andere sein kann, geht es ihm um Begegnung auf Augenhöhe und ein Plädoyer für Verständigung und Dialog. Groys arbeitet als politicher Berater in Berlin und schreibt über migrations- und gedenkpolitische Themen u. a. für die Jüdische Allgemeine und die Berliner Zeitung.
So. 12.10.2025 | 20. Tischri 5786
Kultur
„Sputnik“: Lesung und Gespräch mit Christian Berkel
Beginn 17:00Buchpräsentation
Sonntag, 12. Oktober 2025, 17 Uhr
Moderation: Günter Keil
Am 4. Oktober 1957 erreichen die ersten Satelliten die Erdumlaufbahn. Kurz darauf erblickt in Westberlin Sputnik das Licht der Welt. Er wächst auf zwischen den Geschichten seiner Mutter Sala und den Büchern seines Vaters Otto. Eine wichtige Lebensstation wird Paris, wo er nicht nur zur Schule geht, sondern Theater und Varieté für sich entdeckt. Die Rückkehr nach Deutschland fällt in eine Umbruchszeit auch der Theaterwelt der 70er Jahre. Eine wilde Phase des Experimentierens bricht an, bis Sputnik wie so viele vom Mauerfall 1989 überrollt wird. Und zu ahnen beginnt, wer er ist, oder zumindest, wer er sein könnte. In seinem dritten Roman begibt sich Christian Berkel erneut auf eine sehr persönliche Spurensuche, die bis in eine erschreckend veränderte Gegenwart führt. Weiterlesen »
Sa. 18.10.2025 | 26. Tischri 5786
Kultur
26. Lange Nacht der Museen in München
Beginn 20:30Vortrag und Konzert
Beitrag der IKG München und Oberbayern zur Langen Nacht
Samstag, 18. Oktober 2025, 20:30–23:00 Uhr
Auf einen Blick:
Vorträge (je 30 Minuten)
- 20:30 Uhr: Dr. Elisabeth Rees-Dessauer
- 21:45 Uhr: Ellen Presser
21:00 und 22:15 Uhr: Konzert des Synagogenchors unter Leitung von David Rees (je 30 Minuten), Begleitung am Piano: Luisa Pertsovska Weiterlesen »

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