Kultur
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3. November 2016
Der Terror der anderen
Lesung | Die in Paris lebende Autorin Gila Lustiger stellte in der IKG München ihren Essay »Erschütterung« vor. Von Helmut Reister, erschienen in der Jüdischen Allgemeinen, 3.11.2016. Die in Frankfurt am Main geborene und seit Langem in Paris lebende Autorin Gila Lustiger hat im Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern ihr aktuelles Buch Erschütterung. Über den Terror (Berlin Verlag) vorgestellt.

»Verfehlte Integration der Zuwanderer«: Gila Lustiger. © Marina Maisel
Die Schriftstellerin, die im vergangenen Jahr mit ihrem viel gelobten Roman Die Schuld der anderen wochenlang auf der »Spiegel«-Bestsellerliste stand, besuchte nicht zum ersten Mal die IKG. Ihre letzte Lesung in der jüdischen Gemeinde in München liegt allerdings schon 21 Jahre zurück, wie sich die Leiterin der IKG-Kulturabteilung, Ellen Presser, erinnert.
Das Jahr 2015 war in Europa und speziell in Frankreich von einer Vielzahl islamistischer Terrorakte, antisemitischer Attentate und einem erschreckenden Aufschwung der extremen Rechten geprägt. Der brutale Anschlag auf die Redaktion des Satiremagazins »Charlie Hebdo« im Januar gehört dazu, aber auch die Attacken auf den koscheren Supermarkt »Hyper Cacher«, die Konzerthalle »Bataclan« und das »Stade de France«.
Verteidigung
Gila Lustiger hat den blutigen Terror und den Umgang ihrer Stadt damit aus nächster Nähe miterlebt. Aus dieser Erfahrung heraus ist ihr Essay Erschütterung entstanden. Die Pariserin, Mutter zweier Kinder, Jüdin und Europäerin, unternimmt mit ihrem Werk den Versuch, einer tief empfundenen Erschütterung mit Vernunft zu begegnen und vehement die freiheitlichen Werte zu verteidigen. Geradezu beispielhaft beschreibt sie auch die Verfehlungen der durch Einwanderung geprägten europäischen Gesellschaften. Sie analysiert die immer wieder aufflammende Gewalt in den Pariser Vororten und benennt deren Ursachen, Hintergründe und Folgen.
Bei der Veranstaltung im Gemeindezentrum, die von Ellen Presser moderiert wurde, las die Autorin selbst entscheidende Passagen aus ihrem neuen Werk vor und stand für Fragen der Zuhörer bereitwillig zur Verfügung. Das Schlüsselwort, mit dem Gila Lustiger die überschwappende Gewalt zu erklären versuchte, fiel immer wieder und lässt sich auf den Begriff »verfehlte Integration« reduzieren. Erstaunlicherweise, erklärte sie in diesem Zusammenhang, seien es nicht die neu in Frankreich eingetroffenen Zuwanderer, die Terror zu ihrem Lebenszweck gemacht hätten, sondern oft junge Menschen, die bereits in Frankreich geboren wurden und auch die französische Staatsbürgerschaft besitzen.
Ihr Aufbegehren hat nach Gila Lustigers Überzeugung entscheidend mit dem angeblich fehlenden Respekt vonseiten des Staates zu tun, sodass es viele junge Menschen gebe, die meinen, im Islam Wertschätzung und Bestätigung zu finden. Terror, so der Tenor von Gila Lustigers Analyse, sei nichts anderes als die radikalste Form von Integrationsverweigerung. Sie machte aber auch deutlich, dass es nur ein kleiner Teil von Immigranten und deren Nachkommen sei, die zu Terror und Gewalt neigen würden.
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Aktuelle Veranstaltungen
So. 12.10.2025 | 20. Tischri 5786
Kultur
„Sputnik“: Lesung und Gespräch mit Christian Berkel
Beginn 17:00Buchpräsentation
Sonntag, 12. Oktober 2025, 17 Uhr
Moderation: Günter Keil
Am 4. Oktober 1957 erreichen die ersten Satelliten die Erdumlaufbahn. Kurz darauf erblickt in Westberlin Sputnik das Licht der Welt. Er wächst auf zwischen den Geschichten seiner Mutter Sala und den Büchern seines Vaters Otto. Eine wichtige Lebensstation wird Paris, wo er nicht nur zur Schule geht, sondern Theater und Varieté für sich entdeckt. Die Rückkehr nach Deutschland fällt in eine Umbruchszeit auch der Theaterwelt der 70er Jahre. Eine wilde Phase des Experimentierens bricht an, bis Sputnik wie so viele vom Mauerfall 1989 überrollt wird. Und zu ahnen beginnt, wer er ist, oder zumindest, wer er sein könnte. In seinem dritten Roman begibt sich Christian Berkel erneut auf eine sehr persönliche Spurensuche, die bis in eine erschreckend veränderte Gegenwart führt. Weiterlesen »
Sa. 18.10.2025 | 26. Tischri 5786
Kultur
26. Lange Nacht der Museen in München
Beginn 20:30Vortrag und Konzert
Beitrag der IKG München und Oberbayern zur Langen Nacht
Samstag, 18. Oktober 2025, 20:30–23:00 Uhr
Auf einen Blick:
Vorträge (je 30 Minuten)
- 20:30 Uhr: Dr. Elisabeth Rees-Dessauer
- 21:45 Uhr: Ellen Presser
21:00 und 22:15 Uhr: Konzert des Synagogenchors unter Leitung von David Rees (je 30 Minuten), Begleitung am Piano: Luisa Pertsovska Weiterlesen »
Mo. 03.11.2025 | 12. Cheschwan 5786
Kultur
Mit Dmitrij Kapitelman: „Russische Spezialitäten“
Beginn 19:00Buchpräsentation und Gespräch
Montag, 3. November 2025, 19 Uhr
Moderation: Ellen Presser
Eine ukrainisch-jüdisch-moldawische Familie, lebt in Leipzig, wo sie russische Spezialitäten verkauft. Und zwar an Osteuropäer, die sich zwischen russischen Flusskrebsen, ukrainischem Wodka und georgischen Sonnenblumenkernen zuhause fühlen. Doch seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ist nichts mehr wie zuvor. Die Mutter glaubt den Propagandasendungen des russischen Fernsehens. Ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Um seine Mutter zur Vernunft zu bringen, begibt er sich per Flixbus nach Kiew. Oder wie man inzwischen liest: Kyjiw, von wo er ihr die Wahrheit mitzubringen hofft. Weiterlesen »

Israelitische Kultusgemeinde
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