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4. Mai 2014

Russische Publizistin Scherbakowa erhält Ossietzky-Preis

Die russische Wissenschaftlerin und Publizistin Irina Scherbakowa ist mit dem Carl-von-Ossietzky-Preis für Zeitgeschichte und Politik 2014 ausgezeichnet worden. Er soll ihren Einsatz für die Menschenrechte würdigen. Erschienen auf Deutsche Welle Online, 4.5.2014.

Scherbakowa erhält den Carl-von-Ossietzky-Preis nach dem Votum der Jury für ihren großen Einsatz, mit dem sie sich mutig, leidenschaftlich und mit profunder Sachkenntnis seit Jahrzehnten für die historische Erforschung der wechselvollen, zerrissenen Geschichte ihres Landes im 20. Jahrhundert einsetze. Zudem setze sich die promovierte Germanistin für die Verständigung zwischen Russland und Deutschland ein, hieß es in der Begründung der Jury. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert.

Bei der Preisverleihung nahm sie auch Stellung zu dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland. Das Vorgehen Moskaus ist ihrer Meinung nach auf Furcht vor einem Überspringen des demokratischen Funkens zurückzuführen. „Davor hat man Angst, man hat Angst, dass man sich womöglich von dieser Demokratie in Russland noch ansteckt“, sagte Scherbakowa. Für eine Entspannung der Lage wäre es nötig, klipp und klar zu sagen, dass man die Separatisten nicht unterstütze.

Derzeit arbeitet die Historikerin für die Menschenrechtsorganisation Memorial, die der bekannte Dissident Andrej Sacharow (1921-1989) gegründet hatte. Sie leitet dort die Bildungsprogramme, koordiniert historische Projekte sowie einen alljährlichen russlandweiten Schülerwettbewerb zur Geschichte Russlands.

Bücher über Stalinismus

Die Historikerin ist zugleich Kuratoriumsmitglied der Gedenkstätte Buchenwald, der Aktion Sühnezeichen und der Gräfin Dönhoff-Stiftung. Als Autorin und Herausgeberin hat sie zahlreiche Bücher zu Themen des Stalinismus veröffentlicht.

Scherbakowa wurde 1949 als Tochter jüdisch-kommunistischer Eltern in Moskau geboren. Sie studierte in Moskau Germanistik und promovierte dort 1972. In den folgenden Jahren arbeitete sie hauptsächlich als Übersetzerin deutscher Belletristik und als freie Journalistin. Darüber hinaus war sie als Redakteurin für Literaturzeitschriften tätig.

Seit Ende der 70er Jahre beschäftigt sich Scherbakowa mit der Vergangenheit ihres Landes, insbesondere mit dem Stalinismus und dem Gulag-Lagersystem. Auch zahlreiche Bücher zu den Themen hat sie geschrieben. Auf Deutsch erschienen unter anderem „Nur ein Wunder konnte uns retten. Leben und Überleben unter Stalins Terror“ (2000) und „Zerrissene Erinnerungen. Der Umgang mit dem Stalinismus und Zweitem Weltkrieg im heutigen Russland“ (2010).

„Blühender Nationalismus“ in Russland

Erst vor gut zwei Wochen warnte die Menschenrechtsaktivistin vor einer Ideologisierung der russischen Kulturpolitik. Anlass sind neue Leitlinien, die kürzlich vom russischen Kulturministerium ausgearbeitet worden sind. Im Deutschlandradio Kultur bezeichnete Scherbakowa diese als Absage an westliche Werte wie Demokratie, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit. Besonders gefährlich sei „die Absage an die Modernisierung des Landes“. Die Historikerin sprach von einem „blühenden Nationalismus“ in Russland, den sie niemals in ihrem Leben so stark erlebt habe wie heute.

Der alle zwei Jahre vergebene Ossietzky-Preis für Zeitgeschichte und Politik erinnert an den Schriftsteller und Pazifisten Carl von Ossietzky (1889-1938). Er wird seit 1984 mit Unterbrechungen alle zwei Jahre verliehen. Der Festakt findet immer am 4. Mai, dem Todestag Ossietzkys, statt.

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Oktober 2025 | Tischri-Cheschwan | « »

Aktuelle Veranstaltungen


So. 12.10.2025 | 20. Tischri 5786

Kultur

„Sputnik“: Lesung und Gespräch mit Christian Berkel

Beginn 17:00

Buchpräsentation
Sonntag, 12. Oktober 2025, 17 Uhr

Moderation: Günter Keil

Am 4. Oktober 1957 erreichen die ersten Satelliten die Erdumlaufbahn. Kurz darauf erblickt in Westberlin Sputnik das Licht der Welt. Er wächst auf zwischen den Geschichten seiner Mutter Sala und den Büchern seines Vaters Otto. Eine wichtige Lebensstation wird Paris, wo er nicht nur zur Schule geht, sondern Theater und Varieté für sich entdeckt. Die Rückkehr nach Deutschland fällt in eine Umbruchszeit auch der Theaterwelt der 70er Jahre. Eine wilde Phase des Experimentierens bricht an, bis Sputnik wie so viele vom Mauerfall 1989 überrollt wird. Und zu ahnen beginnt, wer er ist, oder zumindest, wer er sein könnte. In seinem dritten Roman begibt sich Christian Berkel erneut auf eine sehr persönliche Spurensuche, die bis in eine erschreckend veränderte Gegenwart führt. Weiterlesen »

Sa. 18.10.2025 | 26. Tischri 5786

Kultur

26. Lange Nacht der Museen in München

Beginn 20:30

Vortrag und Konzert
Beitrag der IKG München und Oberbayern zur Langen Nacht

Samstag, 18. Oktober 2025, 20:30–23:00 Uhr

Auf einen Blick:

Vorträge (je 30 Minuten)

  • 20:30 Uhr: Dr. Elisabeth Rees-Dessauer
  • 21:45 Uhr: Ellen Presser

21:00 und 22:15 Uhr: Konzert des Synagogenchors unter Leitung von David Rees (je 30 Minuten), Begleitung am Piano: Luisa Pertsovska Weiterlesen »

Mo. 03.11.2025 | 12. Cheschwan 5786

Kultur

Mit Dmitrij Kapitelman: „Russische Spezialitäten“

Beginn 19:00

Buchpräsentation und Gespräch
Montag, 3. November 2025, 19 Uhr

Moderation: Ellen Presser

Eine ukrainisch-jüdisch-moldawische Familie, lebt in Leipzig, wo sie russische Spezialitäten verkauft. Und zwar an Osteuropäer, die sich zwischen russischen Flusskrebsen, ukrainischem Wodka und georgischen Sonnenblumenkernen zuhause fühlen. Doch seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ist nichts mehr wie zuvor. Die Mutter glaubt den Propagandasendungen des russischen Fernsehens. Ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Um seine Mutter zur Vernunft zu bringen, begibt er sich per Flixbus nach Kiew. Oder wie man inzwischen liest: Kyjiw, von wo er ihr die Wahrheit mitzubringen hofft. Weiterlesen »

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