Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

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9. Februar 2014

Vorläufige Statistik für 2013: Mehr als 11.000 rechte Straftaten

Erschienen auf tagesschau.de, 7.2.2014. Die Sicherheitsbehörden haben im vergangenen Jahr mehr als 11.000 rechtsextreme Straftaten registriert. Unter den Delikten waren 574 Gewalttaten. 561 Menschen wurden dabei verletzt. Das ergibt sich aus Zahlen, die die Politikerin der Linkspartei, Petra Pau, regelmäßig bei der Bundesregierung abfragt. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, fordert mehr Wachsamkeit und entschlossenes Vorgehen der Politik und Sicherheitsbehörden.

Da nun auch die Angaben für Dezember vorliegen, veröffentlichte Pau eine Jahresübersicht für 2013. Es handelt sich jedoch lediglich um vorläufige Zahlen, da die Polizei erfahrungsgemäß viele Fälle nachmeldet. 2012 wurden nach den vorläufigen Angaben 11.660 rechte Straftaten gemeldet, die Zahl stieg dann jedoch noch über 17.000.

Wie bereits bekannt wurde, stieg etwa die Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsheime im vergangenen Jahr um das Doppelte an. Parteien wie die NPD, Pro NRW und Kameradschaften wollten durch die Übergriffe die Flüchtlinge einschüchtern und die Bevölkerung rassistisch aufhetzen, kritisierte die Linkspartei. Sie warf der Bundesregierung vor, die „Systematik bei der Mobilisierung gegen Flüchtlingsunterkünfte“ zu verkennen.

Ebenfalls besorgniserregend ist die Tatsache, dass Neonazis immer häufiger zu Waffen wie Schlagstöcken und Messern greifen. Die Bundesregierung betont die hohe Affinität von Rechtsextremisten zu Waffen und verweist auf zahlreiche entsprechende Funde bei Razzien. Daraus resultiere ein „herausragendes Gefährdungspotenzial“. Experten kritisieren jedoch, dass die Regierung keinen Gesamtüberblick über Waffenbesitz und Waffenscheine bei Neonazis habe.

Knobloch: „Dass in Deutschland hassmotivierte Delikte zum Alltag gehören, ist inakzeptabel“

Angesichts dieser Befunde fordert Charlotte Knobloch mehr Wachsamkeit und entschlossenes Vorgehen der Politik und Sicherheitsbehörden. „Noch immer wird dem Rechtsextremismus in unserem Land nicht mit der Ernsthaftigkeit begegnet, die erforderlich wäre, um die hier lebenden Menschen angemessen zu schützen. Dass in Deutschland hassmotivierte Delikte zum Alltag gehören, ist inakzeptabel“, so Knobloch.

Laut Medienberichten ist in Deutschland das rechte Gewalt- und Gefährdungspotenzial in den letzten Jahren gestiegen. Immer mehr, immer gefährlichere Waffen seien im Besitz von Neonazis. Dazu Knobloch: „Gesetzgeber und Behörden beteuern, dagegen vorzugehen. Experten haben jedoch erhebliche Zweifel an der Geeignetheit und der Nachhaltigkeit des staatlichen Agierens. Offenbar ist auch das neue Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum nicht der nötige Durchbruch. Die Gelassenheit und der Hang zum Bagatellisieren im Umgang mit der Drohkulisse am rechten Rand sind mir absolut unverständlich – gerade nach der Aufdeckung des NSU, aber noch mehr vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte.“

„Ich vermisse die demokratische Leidenschaft“

Zumal diese im Jahr 2014 allgegenwärtig sei, so Knobloch. „Die Gedenktage reihen sich aneinander. Staatsakte erinnern an die ‚Urkatastrophe‘ und den folgenden größten anzunehmenden Zivilisationsbruch der Menschheitsgeschichte – grausame Exzesse der Menschenverachtung trotz aufgeklärten, gebildeten und hochkultivierten Bürgertums. Im Bewusstsein dieser historischen Erfahrung wurde die Bundesrepublik als wehrhafte Demokratie konstituiert. Ich fordere, dass dieser Staatsräson kämpferischer Folge geleistet wird. Ich vermisse die demokratische Leidenschaft der drei Staatsgewalten im gemeinsamen Kampf gegen die Gefahr von rechts. Ich erwarte mehr Entschlossenheit bei der Verteidigung unserer freiheitlichen Demokratie.“

„Stattdessen“, so Knobloch „spüre ich immer mehr Leichtfertigkeit und die Tendenz des Verharmlosens erkannter verfassungsfeindlicher Tendenzen. Ich warne vor dieser Geschichtsvergessenheit. Kein demokratisch gefasstes Gemeinwesen ist so stabil, sich in vermeintlicher Sicherheit wiegen zu können. Menschenverachtung ist niemals harmlos. Wer nicht auch den kleinen Anfängen wehrt, ebnet neuen Katastrophen den Weg.“

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Am 4. Oktober 1957 erreichen die ersten Satelliten die Erdumlaufbahn. Kurz darauf erblickt in Westberlin Sputnik das Licht der Welt. Er wächst auf zwischen den Geschichten seiner Mutter Sala und den Büchern seines Vaters Otto. Eine wichtige Lebensstation wird Paris, wo er nicht nur zur Schule geht, sondern Theater und Varieté für sich entdeckt. Die Rückkehr nach Deutschland fällt in eine Umbruchszeit auch der Theaterwelt der 70er Jahre. Eine wilde Phase des Experimentierens bricht an, bis Sputnik wie so viele vom Mauerfall 1989 überrollt wird. Und zu ahnen beginnt, wer er ist, oder zumindest, wer er sein könnte. In seinem dritten Roman begibt sich Christian Berkel erneut auf eine sehr persönliche Spurensuche, die bis in eine erschreckend veränderte Gegenwart führt. Weiterlesen »

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Eine ukrainisch-jüdisch-moldawische Familie, lebt in Leipzig, wo sie russische Spezialitäten verkauft. Und zwar an Osteuropäer, die sich zwischen russischen Flusskrebsen, ukrainischem Wodka und georgischen Sonnenblumenkernen zuhause fühlen. Doch seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ist nichts mehr wie zuvor. Die Mutter glaubt den Propagandasendungen des russischen Fernsehens. Ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Um seine Mutter zur Vernunft zu bringen, begibt er sich per Flixbus nach Kiew. Oder wie man inzwischen liest: Kyjiw, von wo er ihr die Wahrheit mitzubringen hofft. Weiterlesen »

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