Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

Nachrichten

« Zurück

27. Januar 2014

Ude: Platz dient nicht nur der Erinnerung – er hat auch ganz aktuelle Bezüge

Erschienen in der Rathaus Umschau, 27./28.1.2014. Münchens zentrale Gedenkstätte für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft, der Platz der Opfer des Nationalsozialismus, hat ein neues Gesicht und steht nun auch offiziell wieder als Ort des Innehaltens und Erinnerns zur Verfügung. Nach der Neugestaltung des Platzes hat Oberbürgermeister Christian Ude heute anlässlich des bundesweiten Gedenktags für die Opfer des Nationalsozialismus einen Kranz an der Gedenkstätte in der Münchner Altstadt niedergelegt.

Mit dem Entzünden der Flamme in der von Bildhauer Andreas Sobeck geschaffenen Granitsäule wurde der Platz wieder der Öffentlichkeit übergeben.

Der Platz der Opfer des Nationalsozialismus liegt schräg gegenüber dem im Zweiten Weltkrieg zerstörten Wittelsbacher Palais. In diesem Gebäude befanden sich seit 1933 das Hauptquartier und das Gefängnis der Gestapo. Der Ort galt somit seit der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten als Ort der Vernichtung, der Einschüchterung und des Terrors gegen politisch Andersdenkende, gegen rassistisch und religiös diskreditierte Minderheiten und gegen Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Behinderung verfolgt wurden.

Es gilt, dem Ungeist der Intoleranz, der Verachtung und Ausgrenzung von Menschen entschlossen entgegen zu treten

„Der Platz der Opfer des Nationalsozialismus ist nach dem Krieg sehr schnell benannt worden, aber erst 1965 bekam er einen Gedenkstein – und es dauerte noch einmal 20 Jahre, bis er mit dem großartigen Kunstwerk von Andreas Sobeck ein Denkmal erhielt, das buchstäblich herausragt“, erklärte Oberbürgermeister Christian Ude. „Der Platz selbst aber war alles andere als angemessen, mehr eine Verkehrsinsel, die als Gedenkort kaum wahrnehmbar war. Der Stadtrat hat deshalb in erfreulicher Einmütigkeit beschlossen, den Platz würdiger zu gestalten, so dass der Platz jetzt nicht mehr untergeht im Verkehrsgeschehen und mit einer Inschrift versehen ist, die jeden Passanten an alle Opfergruppen erinnert. Der Platz dient aber nicht nur der Erinnerung an die Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und ihrer Opfer, sondern er hat auch ganz aktuelle Bezüge: Gilt es doch auch heute, dem Ungeist der Intoleranz, der Verachtung und Ausgrenzung von Menschen wegen ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Religion entschlossen entgegen zu treten.“

OB Christian Ude bei seiner Rede anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus

 

Nach seiner Neugestaltung grenzt sich der Platz der Opfer des Nationalsozialismus klar von der Brienner Straße ab. Dazu wurden die beiden großen Platanen nach Norden versetzt und in den parkähnlichen Wiesensaum integriert, der die Platzfläche einfasst. An ihrem neuen Standort schirmen die beiden Bäume jetzt den Platz zur Fahrbahn hin ab. Im Süden des Platzes ist unter einer neu angelegten Baumgruppe ein Aufenthaltsbereich zum ungestörten Verweilen und Gedenken entstanden.

Das Denkmal wurde im Mittelpunkt der quadratischen Platzfläche neu angeordnet. Ein im Boden eingelassenes Bronzeband und eine bronzene Gedenktafel fassen jetzt den Bereich um das Denkmal ein. Der Ältestenrat des Stadtrats hatte sich auf folgende Inschrift der Tafel verständigt: „Im Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Verfolgt aus politischen Gründen. Verfolgt aus rassistischen Gründen. Verfolgt aus religiösen Gründen. Verfolgt wegen ihrer sexuellen Identität. Verfolgt wegen ihrer Behinderung.“

Das Baureferat hat die Neugestaltung des Platzes in einer Broschüre dokumentiert; sie ist im Internet unter www.muenchen.de abrufbar.

Alle Beiträge der Kategorie Nachrichten ansehen »

VeranstaltungenÜberblick »

Aktuelle Veranstaltungen


Mi. 19.06.2024 | 13. Siwan 5784

Kultur

Moses Mendelssohn, Gotthold Ephraim Lessing, Immanuel Kant und die Erziehung des Menschengeschlechts

Beginn 19:00

Vortrag von R. Prof. emer. Dr. Dr. h.c. Daniel Krochmalnik
Ein Beitrag der Reihe „Die Umkehr des Denkens. 300 Jahre Immanuel Kant“

Mittwoch, 19. Juni 2024, 19 Uhr

Anfang der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts erscheinen in dichter Folge drei grundlegende Texte: „Die Erziehung des Menschengeschlechts“ von Gotthold Ephraim Lessing (1780), „Jerusalem oder Religiöse Macht und Judentum“ von Moses Mendelssohn (1783) und „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“ von Immanuel Kant (1784). Darin behandelt das Dreigestirn der deutschen Aufklärung das Problem des Fortschritts der Menschheit. Lessing ist davon überzeugt, Mendelssohn ist skeptisch, Kant formuliert die Bedingungen der Möglichkeit. Die Verfasser nehmen auch Bezug aufeinander und ihr kontroverses Gespräch ist für die Geschichtsphilosophie bis heute von grundlegender Bedeutung. Weiterlesen »

Mi. 26.06.2024 | 20. Siwan 5784

Kultur

„Was habe ich mit Juden gemeinsam?“ – Franz Kafkas Identitäten

Beginn 19:00

Reiner Stach in Zwiesprache mit Franz Kafka
Ein Beitrag zum 100. Todestag von Franz Kafka (1883 – 1924)

Mittwoch, 26. Juni 2024, 19 Uhr

Kafkas Werke beschreiben eine Welt, in der nichts verlässlich ist, in der sich Ordnung immerzu auflöst und das Vertrauteste plötzlich fremd werden kann. Wir wissen heute, dass dies keine Vision war, sondern gelebte Erfahrung. Kafka wuchs auf in einem Spannungsfeld zwischen Deutschen und Tschechen, zwischen orthodoxem, liberalem und zionistisch gesinntem Judentum, in dem die Frage der Identität fortwährend neu verhandelt wurde. Hinzu trat eine unglückliche familiäre Konstellation, die Kafka in die Rolle eines sozialen Zaungasts drängte. Gibt es überhaupt eine menschliche Gemeinschaft, so fragte er sich, zu der ich im tiefsten Sinn des Wortes „gehöre“? Weiterlesen »

Alle Veranstaltungen »

Israelitische Kultusgemeinde
Kontakt
Israelitische Kultusgemeinde
München und Oberbayern K.d.ö.R.
St.-Jakobs-Platz 18
80331 München
Tel: +49 (0)89 20 24 00 -100
Fax: +49 (0)89 20 24 00 -170
E-Mail: empfang@ikg-m.de