Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

Jugend

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7. Januar 2014

Haarige Hilfe

Auch Kinder in Israel spenden ihre geliebten Mähnen für Krebspatienten. Aus den Haaren junger Friseurkunden werden Perücken hergestellt. Von Sabine Brandes, erschienen auf Jüdische Allgemeine Online, 2.1.2014. Als sie vom Stuhl aufstand, wog Noa Kasantini fast zwei Kilogramm weniger. Doch die Neunjährige hatte nicht etwa abgespeckt. Ein Gang zum Friseur erleichterte sie um ihre wallende, kastanienbraune Mähne, die ihr bis weit über den Rücken reichte – 40 Zentimeter für einen guten Zweck. In Israel spenden immer mehr Menschen ihre Haare, damit daraus Perücken für krebskranke junge Menschen gefertigt werden können – vor allem Kinder und Jugendliche.

Die israelische Vereinigung für die Unterstützung von krebskranken Kindern und ihren Familien, Zichron Menachem, macht es möglich. Auf ihrer Website wird genauestens erklärt, welche Art Haar gespendet werden kann und welch große Bedeutung das für die Betroffenen nach einer Chemotherapie hat. „Es hilft, dass sie sich trotz ihrer Erkrankung wieder normal und schön fühlen.“

Zichron Menachem ist in Erinnerung an Menachem Ehrental ins Leben gerufen worden. Der Junge war nach einem lebenslangen Kampf gegen Leukämie im Alter von nur 15 Jahren verstorben. Seine Eltern Chaim und Miri gründeten daraufhin die Wohltätigkeitsorganisation, um ihre Erfahrungen anderen zugutekommen zu lassen. Zichron Menachem kümmert sich um die Kranken in verschiedenen Belangen zu Hause und im Krankenhaus. Eine der zahlreichen Aktionen ist das Haarespenden.

Kinder sollen sich so normal wie möglich fühlen

Um eine Perücke zu fertigen, werden gesunde Haare ab einer Länge von 25 Zentimetern gebraucht, gemessen an einem geflochtenen Zopf, in sämtlichen Farben und Formen. Ob lockig, glatt oder auch strubbelig, wie die Mitarbeiter von Zichron Menachem betonen: „Denn wir wollen, dass sich die Kinder auch mit Krebs so normal wie möglich fühlen. Die Perücke aus dem gespendeten Haar soll daher dem echten so nah wie möglich kommen, schließlich mag jeder junge Mensch sein eigenes am liebsten. Ein Kind mit Locken will Locken, eines mit roten Zöpfen rote Zöpfe und eines mit einem braunen Strubbelkopf auch wieder einen braunen Strubbelkopf – sogar, wenn es sich immer darüber beklagt hat.“

Auch die Coiffeur-Zunft tut Gutes. Von Nahariya bis nach Eilat nehmen etwa 200 Friseure an der Aktion teil. Kundinnen, die sich von ihrer Haarpracht trennen wollen, bieten sie Waschen, Schneiden und anschließende Pflege kostenlos an.

Im November hat diese Spendenbereitschaft den Israelis sogar einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde beschert. Zichron Menachem rief in einer Gemeinschaftsaktion mit dem Pflegemittelhersteller »Pantene Israel« Frauen zum Spenden auf. Prompt standen im Jerusalemer Einkaufszentrum Malcha mehr als 250 meist junge Damen Schlange, eine mit schöneren Haaren als die andere. Nach fünf Stunden des Schneidens und Schnippelns waren stolze 53,1 Kilogramm zusammengekommen – Weltrekord. Anschließend wurden die Zöpfe ausgestellt: Von schwarz über dunkel- und hellbraun bis rot und blond waren alle Haarfarben dabei.

Statussymbol Haar

Dabei gilt vor allem bei israelischen Teenagern langes Haar als absolutes Statussymbol. Junge Mädchen haben nicht selten wallende Mähnen, die bis über den Po reichen. In den sozialen Netzwerken übertrumpfen sie sich gern gegenseitig und posten Fotos ihrer lange gezüchteten Haarpracht. Und doch gibt es viele, die ihre Locken lassen.

„Es ist ein richtiger Trend“, meint Noas Schwester Roni. An manchen Oberschulen vergleichen einige der Mädchen schon nicht mehr, wer die längsten Haare, sondern wer den coolsten Bob hat. Roni hatte die Idee aus der Schule mitgebracht, nachdem einige ihrer Freundinnen bereits gespendet hatten. Sie selbst trägt ihre Korkenzieherlocken nicht länger als bis zu den Schultern – »weil sonst nichts mehr geht beim Kämmen« –, erzählte aber zu Hause von der Aktion.

„Und auf einmal kam Noa zu uns und sagte: ›Ich will das machen‹“, erinnert sich ihre Mutter Efrat. Nachdem die Schere beim Friseur ihr volles Haupthaar gestutzt hatte, weinte Noa nicht etwa, sondern strahlte, und ihre ganze Familie war »so wahnsinnig stolz auf sie«. Der Moment, da sie den dicken Umschlag mit ihrem Zopf in den Händen hielt, um ihn zu Zichron Menachem zu senden, sei sehr bewegend gewesen.

Auch Noa liebte ihre Haare heiß und innig, schmückte sie gern mit Spangen, Klemmen und Bändern. Doch jetzt weiß sie, was es heißt, die Pracht nicht mehr auf dem Kopf, sondern in den Händen zu halten. »Es war ein komisches Gefühl, auf einmal nichts mehr auf den Schultern zu spüren«, erzählt sie und greift sich an den halblangen Bob. „Daran musste ich mich erst gewöhnen. Jetzt ist es aber okay.“

Noa mag ihr dickes braunes Haar noch immer. Nach der Aktion postete auch sie ein Foto von sich auf Facebook – mit kurzem Haar. Denn stolz ist sie jetzt nicht mehr darauf, wie lang ihre Locken sind, sondern darauf, etwas wirklich Gutes für andere Menschen getan zu haben.

Weitere Informationen unter www.zichron.org.

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Oktober 2025 | Tischri-Cheschwan | « »

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So. 12.10.2025 | 20. Tischri 5786

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„Sputnik“: Lesung und Gespräch mit Christian Berkel

Beginn 17:00

Buchpräsentation
Sonntag, 12. Oktober 2025, 17 Uhr

Moderation: Günter Keil

Am 4. Oktober 1957 erreichen die ersten Satelliten die Erdumlaufbahn. Kurz darauf erblickt in Westberlin Sputnik das Licht der Welt. Er wächst auf zwischen den Geschichten seiner Mutter Sala und den Büchern seines Vaters Otto. Eine wichtige Lebensstation wird Paris, wo er nicht nur zur Schule geht, sondern Theater und Varieté für sich entdeckt. Die Rückkehr nach Deutschland fällt in eine Umbruchszeit auch der Theaterwelt der 70er Jahre. Eine wilde Phase des Experimentierens bricht an, bis Sputnik wie so viele vom Mauerfall 1989 überrollt wird. Und zu ahnen beginnt, wer er ist, oder zumindest, wer er sein könnte. In seinem dritten Roman begibt sich Christian Berkel erneut auf eine sehr persönliche Spurensuche, die bis in eine erschreckend veränderte Gegenwart führt. Weiterlesen »

Sa. 18.10.2025 | 26. Tischri 5786

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26. Lange Nacht der Museen in München

Beginn 20:30

Vortrag und Konzert
Beitrag der IKG München und Oberbayern zur Langen Nacht

Samstag, 18. Oktober 2025, 20:30–23:00 Uhr

Auf einen Blick:

Vorträge (je 30 Minuten)

  • 20:30 Uhr: Dr. Elisabeth Rees-Dessauer
  • 21:45 Uhr: Ellen Presser

21:00 und 22:15 Uhr: Konzert des Synagogenchors unter Leitung von David Rees (je 30 Minuten), Begleitung am Piano: Luisa Pertsovska Weiterlesen »

Mo. 03.11.2025 | 12. Cheschwan 5786

Kultur

Mit Dmitrij Kapitelman: „Russische Spezialitäten“

Beginn 19:00

Buchpräsentation und Gespräch
Montag, 3. November 2025, 19 Uhr

Moderation: Ellen Presser

Eine ukrainisch-jüdisch-moldawische Familie, lebt in Leipzig, wo sie russische Spezialitäten verkauft. Und zwar an Osteuropäer, die sich zwischen russischen Flusskrebsen, ukrainischem Wodka und georgischen Sonnenblumenkernen zuhause fühlen. Doch seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ist nichts mehr wie zuvor. Die Mutter glaubt den Propagandasendungen des russischen Fernsehens. Ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Um seine Mutter zur Vernunft zu bringen, begibt er sich per Flixbus nach Kiew. Oder wie man inzwischen liest: Kyjiw, von wo er ihr die Wahrheit mitzubringen hofft. Weiterlesen »

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