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15. Oktober 2014
Fernsehen: FC Landauer
Das Erste zeigte am Mittwoch, 15. Oktober, „Landauer – der Präsident“, ein Spielfilm über das Leben des langjährigen jüdischen Präsidenten der Münchner Bayern. Dazu Alex Feuerherdtin der Jüdischen Allgemeinen, 15.10.2014: Wer weiß, wie die Geschichte des erfolgreichsten deutschen Fußballklubs verlaufen wäre, wenn Kurt Landauer seine Rückkehr nach München 1947 tatsächlich dazu genutzt hätte, um sich bei den amerikanischen Besatzungsbehörden ein Visum zu besorgen und in die USA zu emigrieren? Genau das hatte der langjährige Präsident des FC Bayern nämlich vor.
Weil er Jude war, hatten die Nationalsozialisten ihn verfolgt, nach den Novemberpogromen 1938 ins Konzentrationslager Dachau gesperrt und anschließend ins Exil in die Schweiz getrieben, zudem hatten sie vier seiner fünf Geschwister ermordet. Im Land der Täter wollte Landauer deshalb nicht mehr leben, und die Einreisegenehmigung für die Vereinigten Staaten war nur noch eine Formsache, die er rasch erledigen wollte, als er zwei Jahre nach Kriegsende mit dem Zug von Genf aus in seine ursprüngliche Heimatstadt reiste.
Neuaufbau
Hier setzt der Fernsehfilm Landauer – Der Präsident von Hans Steinbichler ein, den die ARD am Mittwoch, den 15. Oktober, um 20.15 Uhr ausstrahlt. Kurt Landauer, charakterstark und einfühlsam gespielt von Josef Bierbichler, findet bei seiner Ankunft nicht nur München, sondern auch »seinen« FC Bayern buchstäblich in Trümmern vor. Der Klub ist pleite, das Stadion zerstört, die Spieler hungern. Zudem ist die Erteilung einer Spiellizenz äußerst unwahrscheinlich, weil die Amerikaner die Sportvereine als Brutstätten des Nationalsozialismus betrachten. Beim FC Bayern, dem letzten deutschen Fußballmeister vor der Machtübernahme durch die Nazis, herrscht resignatives Selbstmitleid, kaum jemand glaubt, dass der Verein wiederzubeleben ist.
Ganz anders Kurt Landauer: Gegen sämtliche Widerstände beginnt er mit dem Neuaufbau. Er motiviert bei der Hauptversammlung in einem stickigen, staubigen Münchner Keller die Vereinsmitglieder. Trifft sich mit dem Präsidenten des Erzrivalen 1860 München (gespielt von Eisi Gulp) – jener »Sechziger«, die es, anders als der weltoffene, liberale und kosmopolitische FC Bayern, früh mit den Nazis gehalten hatten –, um ihn davon zu überzeugen, dass ein Derby die Begeisterung für den Fußball in der Stadt neu entfachen und für ein Stück Lebensqualität sorgen kann.
Spricht mit dem Oberbürgermeister Karl Scharnagl (Harry Täschner) über seine Ideen. Versucht, die US-Besatzungsbehörden zur Genehmigung der Lizenz zu überreden. Unternimmt alles, um dem Verein wieder die professionellen Strukturen zu geben, die ihn vor 1933 auszeichneten.
Früh im Film deutet sich an, dass Landauer seine Auswanderungspläne über den Haufen werfen wird, obwohl es viele Gründe gäbe, an ihnen festzuhalten. Da ist vor allem der weiterhin überall präsente Antisemitismus, der auch Landauer immer wieder entgegenschlägt – nicht nur von den alten Nazis und deren Kindern, sondern auch aus den Reihen des Klubs. Mehr als einmal ist Landauer deshalb drauf und dran, sein neu begonnenes Engagement für den FC Bayern wieder einzustellen und sein Vorhaben zur Emigration nun doch in die Tat umzusetzen. Das wäre auch im Sinne von Maria (Jeanette Hain), der langjährigen Haushälterin seiner Eltern, die Lan-dauer heiraten und mit in die USA neh- men will – und die zunächst wenig begeistert davon ist, dass ihr Geliebter seine Prioritäten geändert hat.
Fans
Doch der setzt seinen Kopf durch. Er wird erneut Präsident des FC Bayern München, lässt die zerbombte Spielstätte wiederherrichten, gibt dem Verein eine finanzielle Grundlage und baut eine wettbewerbsfähige Mannschaft auf. Kurzum: Er setzt sein von den Nationalsozialisten jäh unterbrochenes Lebenswerk fort, das die Grundlage für die späteren Erfolge des Klubs bildete. »Der FC Bayern und ich gehören nun einmal zusammen und sind untrennbar voneinander«, lautet das wohl bekannteste Zitat von Kurt Landauer – und es war, verteilt auf zwei große Spruchbänder sowie ergänzt um ein riesiges Porträt, auch Bestandteil einer Choreografie, die im Februar dieses Jahres vor dem Spiel des Rekordmeisters gegen Frankfurt in der Südkurve des Münchner Stadions zu sehen war.
Verantwortlich für diese Aktion, die auch am Ende des Films zu sehen ist, war die größte Ultra-Vereinigung des Klubs, die »Schickeria«. Vor allem diesen Fans ist es zu verdanken, dass Kurt Landauer nicht in Vergessenheit geriet. Denn während der Vorstand des FC Bayern seinen jüdischen Präsidenten jahrzehntelang beschwieg und sich nicht dazu durchringen konnte, dessen Verdienste angemessen zu würdigen, führte die »Schickeria« Informationsveranstaltungen zu Landauer und anderen jüdischen Vereinsmitgliedern durch, benannte den Pokal ihres jährlichen antirassistischen Fußballturniers nach ihm und widmete ihm immer wieder große Choreografien. Für ihr Engagement zeichnete der Deutsche Fußball-Bund die Fan-Gruppierung in diesem Jahr mit dem renommierten Julius-Hirsch-Preis aus, benannt nach dem jüdischen deutschen Nationalspieler, der von den Nazis im KZ Auschwitz ermordet worden war.
Stolz
Inzwischen hat auch der Münchner Klub selbst seinen Umgang mit dem Vermächtnis Kurt Landauers und dem jüdischen Teil der Vereinsgeschichte geändert. Auf einer Veranstaltung im Mai 2011 sagte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge: »Der FC Bayern hat eine jüdische Vergangenheit, eine sehr reiche und erfolgreiche. Wir sind stolz auf diese jüdische Vergangenheit, und gemeinsam mit unseren jüdischen Freunden werden wir auch eine stolze Zukunft haben.«
Im November 2013 wurde Landauer, der insgesamt 18 Jahre lang Präsident des Vereins war, auf der Jahreshauptversammlung von den Mitgliedern posthum zum Ehrenpräsidenten ernannt, und in der »Erlebniswelt« des FC Bayern im Münchner Stadion, einer Art Vereinsmuseum, ist sein Wirken ausführlich dokumentiert.
Dass Kurt Landauer nun in einem grandiosen, aufwendig produzierten Film zur besten Sendezeit in der ARD zu sehen ist, macht deutlich, wie wichtig dieser Mann für den Werdegang des FC Bayern München war. »Ohne sein Wirken vor und nach dem Zweiten Weltkrieg stünde der Verein nicht da, wo er jetzt ist«, brachte es der Weltmeister und derzeitige Kapitän des Klubs, Philipp Lahm, auf den Punkt. Umso unverständlicher ist es, dass der Verein so lange brauchte, um das zu begreifen.
Film: Landauer – Der PräsidentAls „bayerischer Jude“ wird Kurt Landauer 1933 ins KZ Dachau verschleppt und später ins Schweizer Exil getrieben. Dennoch gelingt es ihm, den Grundstein für den erfolgreichsten Fußballverein der deutschen Nachkriegsgeschichte zu legen. | mehr unter www.daserste.de
Er war der Mann, der den FC Bayern erfand. Im Online-Special zu „Landauer – Der Präsident“ gibt es Hintergrundinfos zum Fußball der damaligen Zeit und eine App (LandauerWalk: Die App), mit der alle Fans den Mythos Landauers nacherleben können. | mehr unter www.br.de
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Do. 27.11.2025 | 7. Kislew 5786
Kultur
„Jiddish-Soulfood“: Von Tango bis Jazz, von Damals bis Jetzt – mit Sharon Brauner
Beginn 19:00Konzert
Donnerstag, 27. November 2025, 19 Uhr
Sharon Brauner singt Lieder in Jiddisch und von jüdischen Komponisten.
Piano-Begleitung: Harry Ermer
Die Berlinerin Sängerin und Schauspielerin beschäftigt sich seit langem mit jiddischer Kultur und der dazugehörigen Musik. Diese findet sich auch in Kompositionen und Texten der Moderne. Ob in alter und neuer Heimat oder im Exil, diese Kunst im 20. Jahrhundert wäre ohne den Einfluss jüdischer Komponisten und Interpreten nicht vorstellbar. Die Melodien stammen aus dem Schtetl in Polen, aber auch aus Berlin, Wien, Moskau sowie Tel Aviv, und prägten Kompositionen ebenso am Broadway in New York, Miami, Hollywood und in Buenos Aires. Weiterlesen »
So. 30.11.2025 | 10. Kislew 5786
Kultur
„Das Sterben der Demokratie“: Ein Abend mit Richard C. Schneider und Peter R. Neumann
Beginn 18:00Buchpräsentation und Gespräch
Sonntag, 30. November 2025, 18 Uhr
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Weltweit gewinnen Rechtspopulisten massiv an Unterstützung und gefährden die liberale Demokratie. Peter R. Neumann, einer der international renommiertesten Extremismus-Experten, und der vielfach ausgezeichnete Journalist und Dokumentarfilmer Richard C. Schneider haben sich unter anderem in Ungarn, Frankreich, den Niederlanden, Italien und den USA umgesehen. Ihre augenöffnende Recherche (Rowohlt Berlin) zeigt wie unter einem Brennglas, welcher Gefahr Deutschland gegenübersteht. Weiterlesen »
Mi. 03.12.2025 | 13. Kislew 5786
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„Vom Überleben ins Leben“: Eine jüdische Biografie im München der Nachkriegszeit mit Roman Haller
Beginn 19:00Buchpräsentation und Gespräch
Mittwoch, 3. Dezember 2025, 19 Uhr
Vorstellung der Autobiografie von Roman Haller
Moderation: Shahrzad Osterer (BR)
Roman Haller erzählt von seiner Geburt 1944 in einem Waldversteck in Polen, vom Aufwachsen in Deutschland, einem Land, das seine Eltern ermordet hätte, wenn es ihrer in der NS-Zeit habhaft geworden wäre, vom jüdischen Alltag zwischen Schwarzmarkt und Schulbank, Davidstern und Lederhose. Mit Humor schildert er, wie das Leben trotz allem weiterging und wie er seinen Platz im München der Nachkriegszeit fand. Weiterlesen »
Israelitische Kultusgemeinde
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