Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

Religion

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29. November 2013

WIESO WESHALB WARUM – „Al HaNissim“

Aus der Serie „Religiöse Begriffe aus der Welt des Judentums“. Das Gebet Al-HaNissim: »Diese Lichter zünden wir an ob der Wunder, Siege und allmächtigen Taten, die Du für unsere Vorfahren vollbracht hast …«. Von Noemi Berger, erschienen auf Jüdische Allgemeine Online, 28.11.2013. Die meisten verbinden das Chanukkafest mit dem Entzünden der Lichter, dem Spielen mit dem Sewiwon (Dreidel) und natürlich dem Verspeisen von Krapfen und Latkes. Unsere liturgische Tradition jedoch gebietet uns, das Al-HaNissim-Gebet einzufügen: »Diese Lichter zünden wir an ob der Wunder, Siege und allmächtigen Taten, die Du für unsere Vorfahren vollbracht hast durch Deine heiligen Priester.

An allen acht Chanukkatagen sind diese Lichter heilig, und es ist uns nicht erlaubt, sie zu benützen. Wir dürfen sie nur betrachten, um Deinem Namen zu danken, für Deine Wunder, für Deine Hilfe und Deine allmächtigen Taten.«

Wunder

Im Al HaNissim, dem Gebet »für all die Wunder«, sprechen wir eine Danksagung aus, die an den Chanukkatagen in die Amida, das Achtzehngebet, wie auch ins Tischgebet eingefügt wird. Die Voraussetzung für die Aufnahme solcher Gebete finden wir in der frühesten Formulierung unserer Liturgie (Talmud Berachot 3,10). Wie der Name andeutet, beginnt das Gebet mit einem allgemeinen Ausdruck der Dankbarkeit für die Wunder, Befreiung und Erlösung, die uns durch G’tt zuteil wurden – und das nicht nur in den Tagen unserer Vorfahren, sondern ebenso heute.

Diese Einfügung beginnt mit ähnlichen Gebeten für das Purimfest und in neueren Gebetsbüchern auch für Jom Haazmaut, den Unabhängigkeitstag des Staates Israel. Die einzigartige Formulierung in jedem der Al-HaNisssim-Gebete erinnert uns an die Ereignisse, die zur Entstehung des jeweiligen Festes führten.

Rabbiner Ismar Elbogen (1874–1943), Professor am einstigen Breslauer und Berliner Rabbinerseminar und eine hoch angesehene Autorität auf dem Gebiet der Entstehung und Entwicklung der jüdischen Liturgie, meinte, dass der Text von Al HaNissim für Chanukka in unseren heutigen Siddurausgaben fast identisch ist mit der Version in den frühesten bekannten handschriftlichen Sammlungen jüdischer Gebete des großen Gelehrten Raw Amram aus dem neunten Jahrhundert.

Chanukka

Interessant ist, dass der Autor des Al HaNissim, dessen Name uns nicht überliefert ist, in seinen Zeilen die Chanukkageschichte aus einem etwas anderen Blickwinkel betrachtet als üblicherweise. Obwohl die Geschichte während der Zeit des Mattitjahu im zweiten Jahrhundert v.d.Z. spielt, ist es nach dem Al-HaNissim-Gebet G’tt allein, der verantwortlich zeichnet für die Überwindung des Reichs der Hellenisten, die unsere Vorfahren nicht nur zwingen wollten, G’ttes Wege zu verlassen, sondern sogar den heiligen Tempel in Jerusalem schändeten. Erst nach dem g’ttlichen Sieg sind Seine Kinder, so das Gebet, zu G’tt zurückgekehrt, um Sein Haus neu zu weihen und sich Seinem Heiligtum zu widmen.

Nirgends wird im Al HaNissim der Name von Jehuda, dem Makkabäer, erwähnt, noch hören wir von der Entdeckung des einzigen kleinen Krugs, dessen Öl zum Entzünden der Menora im neu geweihten Tempel auf wundersame Weise für acht Tage reichte. Der Grund für dieses Verschweigen könnte darin liegen, dass die Gelehrten des Talmud die Machterweiterung der Hasmonäer nicht guthießen, denn sie hatten die weltliche Herrschaft im jüdischen Land an sich gerissen, obwohl sie als Kohanim doch ausschließlich für den Tempeldienst bestimmt waren.

Makkabäer

Es scheint, als ob der Autor von Al HaNissim die Rolle, die G’tt in der Geschichte und in unserem täglichen Leben spielt, unterstreichen will. Vielleicht ist die Lehre aus Al HaNissim, dass es das eigentliche Wunder von Chanukka war, den Kräften und Einflüssen, die die Assimilation der Juden herbeigeführt und dadurch unser geistiges Erbes bedroht hätten, Widerstand zu leisten und dass letztendlich das Judentum doch den Sieg davon tragen konnte. Durch die Leiden im Krieg der Makkabäer gegen die Hellenisten wurde dem Volk Israel G’ttes Kraft kundgetan. Es war der Impuls für eine nationale Wiedergeburt.

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April 2024 | Adar II-Nissan | « »

Aktuelle Veranstaltungen


Sa. 13.04.2024 – Do. 18.04.2024 | 5. Nissan 5784

Kultusgemeinde

Ausstellung und Kunstprojekt für die israelischen Geiseln: „Coming Home Soon“

Beginn 11:00

Interaktive Ausstellung
Samstag, 13., bis Donnerstag, 18. April 2024
täglich 11 bis 18 Uhr (am 17. April bis 20 Uhr)
Saal der ehem. Karmeliterkirche, Karmeliterstraße 1, München

Am 7. April waren es auf den Tag genau sechs Monate seit dem Überfall der Hamas auf Israel und damit auch seit Beginn der Geiselhaft von hunderten Verschleppten. Über einhundertdreißig Israelis befinden sich bis heute in Gaza in der Gewalt der Terroristen.

Um auf das Schicksal dieser Geiseln und die damit verbundene menschliche Tragödie aufmerksam zu machen, hat die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern gemeinsam mit zahlreichen Partnern das Kunstprojekt „Coming Home Soon“ der niederländisch-israelischen Künstlerin Inbar Hasson nach München geholt. Das Projekt wurde bereits zu Jahresbeginn unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit in Amsterdam gezeigt. Weiterlesen »

So. 05.05.2024 | 27. Nissan 5784

Kultur

Gedenke und erinnere zu Jom Haschoah: Die Pianistin von Theresienstadt

Beginn 17:00

Sonntag, 5. Mai 2024, 17 Uhr

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern lädt anlässlich des 79. Jahrestages der Befreiung der Konzentrationslager und Erew Jom Haschoah ein:

Abend zum Gedenken an Alice Herz-Sommer (1903-2014)

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