Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

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Mo. 02.12.2013 | 29. Kislew 5774

Beginn 19:00

Vorstellung des Forschungsprojekts „Die Münchner Stadtverwaltung im Nationalsozialismus“

Veranstaltung des Stadtarchivs München. Als erste bundesdeutsche Großstadt lässt München in einem breit angelegten wissenschaftlichen Forschungsprojekt die Rolle der Stadtverwaltung während der NS-Zeit untersuchen.

Die ersten abgeschlossenen Forschungsbausteine werden am 2. Dezember 2013 mit einer Auftaktveranstaltung im Großen Sitzungssaal des Neuen Rathauses vorgestellt.

München, im Jahr 1935 von Adolf Hitler persönlich mit dem unheilvollen Titel einer „Hauptstadt der Bewegung“ geadelt, besaß für Entstehung und Aufstieg des Nationalsozialismus eine Schlüsselrolle. Im Kontext von „Machtergreifung“ und Machtsicherung der NSDAP spielte auch die Kommunalverwaltung als Herrschaftsinstrument eine wichtige Rolle. Von der Geschichtswissenschaft wurde dieser Aspekt bislang noch nicht systematisch untersucht. Hier setzt ein vom Münchner Stadtrat im Jahr 2009 beschlossenes, mehrstufiges Forschungsprojekt an, das vom Historischen Seminar der LMU München und dem Stadtarchiv München getragen wird.

Das Kooperationsprojekt geht zurück auf einen Stadtratsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste, die bereits im März 2008 die „Aufarbeitung der Rolle der Stadtverwaltung und der städtischen Beteiligungsgesellschaften im 3. Reich“ gefordert haben.

Anlass für diesen Antrag war eine Pilotstudie zur Geschichte des städtischen Gesundheitsamtes während der NS-Zeit, die vom Referat für Gesundheit und Umwelt 2007 in Auftrag gegeben worden war. Diese Studie hatte eine enge Verstrickung der städtischen Gesundheitsverwaltung mit der Bürokratie des Unrechts nach 1933 ans Licht gebracht und die Notwendigkeit einer breit angelegten, wissenschaftlichen Untersuchung von Verwaltungshandeln in der Diktatur deutlich gemacht.

Seit Herbst 2009 erforschen Wissenschaftler des Historischen Seminars der Ludwig-Maximilians-Universität im Rahmen von „Projektbausteinen“ die Münchner Stadtverwaltung als eigenständigen Akteur im Herrschaftsgefüge des NSStaates. Das Interesse der Forscher gilt dabei insbesondere den kommunalen Handlungsräumen im Spannungsfeld von übergeordneten staatlichen Instanzen und Machtansprüchen der in München ansässigen NSDAP-Institutionen. Gefragt wird auch nach dem Wechselverhältnis mit gesellschaftlichen Akteuren wie beispielsweise den Kirchen.

Das Projekt richtet den Blick zudem auf die Erwartungen der Einwohnerschaft sowie auf das Beziehungsverhältnis zwischen der Stadtverwaltung und den Münchner Bürger/innen. Denn städtische Behörden spielten bei der Herrschaftsvermittlung zwischen Staat und Gesellschaft eine zentrale Rolle. Sie agierten nicht nur als ausführende Verwaltungsinstanz, sondern auch – in spezifischer Ambivalenz – als eigenständiger Akteur bei der Verfolgung und der Erbringung elementarer Dienstleistungen.

Für ihre Studie Amtsgewalt und Volksgesundheit hat sich Annemone Christians mit dem öffentlichen Gesundheitswesen im nationalsozialistischen München beschäftigt. Die Untersuchung erscheint als Band 1 der im Wallstein Verlag (Göttingen) herausgegebenen Reihe „München im Nationalsozialismus. Kommunalverwaltung und Stadtgesellschaft“.

In einer zweiten Arbeit mit dem Titel Die Völkische Ordnung von Armut hat Florian Wimmer die kommunale Sozialpolitik im nationalsozialistischen München untersucht. Die Studie wird im Frühjahr 2014 als Band 2 der Reihe erscheinen. Ein aktuell laufendes Forschungsvorhaben beschäftigt sich mit der Kommunalen Finanz-, Wirtschafts- und Investitionspolitik und deren Wirkungskraft im Rahmen der nationalsozialistische Ressourcensteuerung.

Ein weiteres Projekt untersucht das Auftreten der Stadt als Dienstleister und fragt nach der Rolle der kommunale Infrastruktur- und Versorgungseinrichtungen in der Diktatur. Beide Studien werden voraussichtlich im Jahr 2015 abgeschlossen. Künftige Forschungen widmen sich der Inszenierung der Stadt und rücken Stadtplanung, Wohnungsbau und architektonische Repräsentation während der NS-Zeit in den Mittelpunkt. Auf der thematischen Agenda kommender Vorhaben finden sich auch Projekte zur Kommunalen Kulturpolitik in der Meinungsdiktatur und zur Inneren Sicherheit und Ordnungspolitik.

Herausgeber der wissenschaftlichen Reihe sind Dr. Andreas Heusler (Stadtarchiv München), Prof. Dr. Hans Günter Hockerts (Ludwig-Maximilians-Universität München), Prof. Dr. Christian Kuller (Freie Universität Berlin), PD. Dr. Winfried Süß (Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam), Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze (Ludwig-Maximilians-Universität München), Dr. Michael Stephan (Stadtarchiv München).

Auftaktveranstaltung zum Forschungsprojekt und Buchvorstellung am 2. Dezember 2013, 19 Uhr im Neuen Rathaus, Großer Sitzungssaal

Begrüßung: Oberbürgermeister Christian Ude

Ansprechpartner:
Dr. Andreas Heusler, Stadtarchiv München, E-Mail: andreas.heusler@muenchen.de, Tel. 089/233-30815
Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze, Ludwig-Maximilians-Universität München, E-Mail: margit.szoelloesi-janze@lmu.de, Tel. 089/2180-2495 (Sekr.: 089/2180-5576)

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