Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

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28. Juli 2016

Stunden der Angst

Der Amoklauf des 18-jährigen Täters sorgte auch bei der Israelitischen Kultusgemeinde für Entsetzen. Von Helmut Reister, erschienen in der Jüdischen Allgemeinen vom 28.7.2016. Angst, Entsetzen, Fassungslosigkeit: Die vorherrschende Gemütslage der meisten Juden in München stand am Freitagabend auch den Betern der Ohel-Jakob-Synagoge förmlich ins Gesicht geschrieben.

Als der Gottesdienst um 19.45 Uhr begann, waren Ausmaß und Hintergründe des Anschlags im Olympia-Einkaufszentrum noch nicht bekannt, die ganze Stadt befand sich im Ausnahmezustand. Die Verunsicherung war an diesem Abend auch in der Synagoge allgegenwärtig und das einzige Gesprächsthema. »Es herrschte eine sehr betretene Stimmung«, beschreibt Rabbiner Yehuda Aharon Horovitz die Stunden direkt nach der Bluttat, die sich erst im Laufe der Nacht als Amoklauf eines verwirrten Einzeltäters herausstellte. Zuvor sah alles nach einem erneuten islamistischen Terroranschlag aus.

Realität

»Die Gefahr von Anschlägen ist schon lange Realität, und uns allen muss bewusst sein, dass es eine 100-prozentige Sicherheit nirgendwo geben kann«, sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, nach den Morden. »Aber die Menschen müssen das Gefühl haben, dass alles getan wird, um Extremisten von ihren mörderischen, menschenverachtenden Taten abzuhalten und das freie Leben der Zivilgesellschaft zu gewährleisten.«

Auf die ungewisse Lage nach der Tat handelte die Kultusgemeinde umgehend. »Unser Sicherheitspersonal hat sofort in angemessener Weise reagiert und hatte die Situation jederzeit unter Kontrolle«, teilten Charlotte Knobloch, IKG-Vizepräsident Yehoshua Chmiel und Eithan Kohn, Leiter der Sicherheitsabteilung, in einer gemeinsamen Erklärung am Samstag mit. »Die in den Gebäuden anwesenden Personen und die Gottesdienstteilnehmer haben sehr besonnen reagiert und bis auf wenige Ausnahmen sehr lobenswert mit dem Sicherheitspersonal kooperiert. Für unsere Gemeinde bestand zu keiner Zeit eine akute Gefährdung.« Aus diesem Grund lief der Betrieb aller Gemeindeeinrichtungen, insbesondere Kinderkrippe, Kindergarten und Schule, wie gewohnt weiter.

Verunsicherung

Am Freitagabend indes dominierte noch die Verunsicherung. Karl-Heinz Fichtner, Leiter des Restaurants »Einstein« im Gemeindezentrum, beschreibt die Atmosphäre in seinem Lokal wie folgt: »Die Stimmung der Gäste war betreten, ganz anders als sonst. Und es gab nur das eine Gesprächsthema.« Auch am nächsten Morgen, als bereits feststand, dass es keinen islamistischen Hintergrund gab, waren die Sorgen keineswegs verflogen. »Viele Mitglieder kamen deshalb schon in den frühen Morgenstunden in die Gemeinde und suchten das Gespräch«, erinnert sich Rabbiner Horovitz.

Mit Blick auf die Attentate in Würzburg, München, Reutlingen und Ansbach innerhalb weniger Tage ruft IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch die Gesellschaft nun zum Vertrauen in die eigene Stärke auf. »Nach der Phase des Schocks und des Entsetzens müssen wir uns darauf besinnen, wo unsere Stärken sind und was wir jetzt tun können und tun müssen«, so Knobloch. »Fest steht, dass wir uns nicht einschüchtern lassen werden. Es gibt Verunsicherung, es gibt Sorgen, aber mehr als alles andere gilt unser unerschütterliches Bekenntnis zu unseren liberalen Überzeugungen.« Von der Politik erwarte sie ein »konsequentes Vorgehen« gegen Extremisten, die sich politisch oder religiös radikalisierten.

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April 2024 | Adar II-Nissan | « »

Aktuelle Veranstaltungen


Sa. 13.04.2024 – Do. 18.04.2024 | 5. Nissan 5784

Kultusgemeinde

Ausstellung und Kunstprojekt für die israelischen Geiseln: „Coming Home Soon“

Beginn 11:00

Interaktive Ausstellung
Samstag, 13., bis Donnerstag, 18. April 2024
täglich 11 bis 18 Uhr (am 17. April bis 20 Uhr)
Saal der ehem. Karmeliterkirche, Karmeliterstraße 1, München

Am 7. April waren es auf den Tag genau sechs Monate seit dem Überfall der Hamas auf Israel und damit auch seit Beginn der Geiselhaft von hunderten Verschleppten. Über einhundertdreißig Israelis befinden sich bis heute in Gaza in der Gewalt der Terroristen.

Um auf das Schicksal dieser Geiseln und die damit verbundene menschliche Tragödie aufmerksam zu machen, hat die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern gemeinsam mit zahlreichen Partnern das Kunstprojekt „Coming Home Soon“ der niederländisch-israelischen Künstlerin Inbar Hasson nach München geholt. Das Projekt wurde bereits zu Jahresbeginn unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit in Amsterdam gezeigt. Weiterlesen »

Di. 16.04.2024 | 8. Nissan 5784

Kultur

Der Terror der Hamas. Grundlagen und Perspektiven eines zerstörerischen Systems

Beginn 19:00

Vortrag von Prof. Dr. Peter R. Neumann
Dienstag, 16. April 2024, 19 Uhr

Begrüßung: Dr. Ludwig Spaenle, Antisemitismusbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung

Einführung: Bettina Nir-Vered, Vorsitzende der DIG AG München

Am 7. Oktober 2023 überfielen Terroristen der Hamas israelische Ortschaften. Auf brutalste Weise quälten und ermordeten sie über 1.200 Männer, Frauen und Kinder und verschleppten Hunderte weitere. Insgesamt 134 israelische Zivilisten befinden sich aktuell – sechs Monate später – noch immer in der Gewalt der Hamas; ihr Schicksal ist ungewiss. Gefeiert von vielen Zivilisten im Gazastreifen und in der arabischen Welt, haben Hamas-Anführer seit dem 7. Oktober wiederholt öffentlich zum Ausdruck gebracht, dass die Hamas bei jeder sich bietenden Gelegenheit einen Angriff auf Israel wie am 7. Oktober 2023 wiederholen würde. In ihrer Gründungscharta ist die Vernichtung Israels als Ziel niedergelegt. Weiterlesen »

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