Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

Bar-Mizwa

Religiöse Mündigkeit der Knaben

Die nächste Station im Leben eines Knaben ist die Erreichung der Volljährigkeit. Mit dreizehn Jahren wird der Knabe ein „Sohn der Pflicht“ (Bar-Mizwa). Das bedeutet, daß er alle Rechte und Pflichten eines Mitglieds der jüdischen Gemeinschaft übernimmt und daß sein Vater für ihn hinsichtlich der Erfüllung der religiösen Pflichten nicht mehr verantwortlich ist.

Als Barmizwa wird der Knabe von nun an zum Minjan – der Anzahl von zehn religiös mündigen Männern, die zur Abhaltung eines G-ttesdienstes erforderlich sind – gerechnet. Das ist ursprünglich ein Ereignis, das ganz automatisch eintrat, das aber später mit einer Zeremonie verknüpft worden ist, die ihrerseits Barmizwa genannt wird, obwohl eigentlich damit nur die Person bezeichnet wird. Die Barmizwa ist ein religiöses Fest, das dem Kind die Liebe seiner Eltern und der Gemeinde vor Augen führt und ihm die eigene Verbundenheit mit G-tt und dem Judentum nahe bringen soll.

Vorbereitungsunterricht

Dem Tag der Barmizwa geht üblicherweise ein Vorbereitungsunterricht voraus, in dem ein Lehrer oder Rabbiner den Jungen das Vortragen des Tora-Abschnittes, das Anlegen der Gebetsriemen und des Gebetsmantels lehrt sowie ihn über seine religiösen Pflichten als Barmizwa aufklärt.

Die Barmizwa Zeremonie besteht darin, daß der nunmehr Erwachsene am Sabbat nach seinem 13. Geburtstag (nach dem jüdischen Kalender) zum ersten Mal zur Tora aufgerufen wird, er die Segenssprüche über die Tora spricht, selbst einen Abschnitt aus der Tora vorliest oder auch die Haftara (den Prophetenabschnitt) vorträgt, wozu er vorher weder verpflichtet, noch berechtigt war. Hierzulande ist es üblich, daß der Rabbiner eine Ansprache an den Knaben hält und daß der Tag mit der Familie und dem Freundeskreis feierlich begangen wird.

Bat-Mizwa

Religiöse Mündigkeit der Mädchen

Was nun Mädchen angeht, so ist der Termin ihrer Volljährigkeit die Beendigung des 12. Lebensjahres. Von diesem Zeitpunkt an gilt das Mädchen als erwachsen und als heiratsfähig. Eine spezielle Zeremonie ist nicht obligatorisch und in gesetzestreuen Kreisen auch nicht üblich. In liberalen Gemeinden gibt es allerdings eine Art Mädcheneinsegnung, die als „Bat-Mizwa“ (Tochter der Pflicht) bezeichnet wird. In Deutschland ist eine derartige Zeremonie erstmals im Jahr 1817, und zwar in Berlin, belegt.

Die Bat-Mizwa-Feier findet einmal im Jahr statt, und zwar im Rahmen des G-ttesdienstes des Wochenfestes (Schawuot). Bei dieser Gelegenheit hält die nunmehr erwachsene Frau einen kleinen Vortrag über ein religiöses Thema, und der Rabbiner hält eine Ansprache, die sich speziell an das neue Gemeindemitglied richtet.

Quelle: Heinrich Simon: Leben im Judentum
Verlag Hentrich & Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003